Wettbewerb 2004, Skywalk Spittelau

Projektteams
Architektur/Statik

zeininger architekten

  • Johannes Zeininger
  • Thomas Scheiblauer
  • Hubert Marz
  • Marc Wohlschak

Dr. Karl Heinz Hollinsky & Partner

  • Karl Heinz Hollinsky
  • Michael Fasching

Platzierung

2. Platz

Wettbewerb

Offener, EU-weiter Realisierungs- und Ideenwettbewerb im Oberschwellenbereich

Auslober: Stadt Wien, MA 29 (Brücken- und Grundbau), MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung).

Durchführung: 2 Stufen

  • Stufe 1: freie Teilnahme von Architektur/Statik-Teams
  • Stufe 2: Auswahl der 5 besten Projekte

Aufgabenstellung: Zu planen war ein Steg für Fuß- und Radverkehr zwischen Guneschpark und U-Bahnstation Spittelau mit Anschlussmöglichkeit an das geplante Bürogebäude "Skyline". Die Länge des geplanten Steges beträgt ca. 145 Meter. Er wird etwa 4,50 Meter breit und mindestens 2,50 Meter hoch sein. Der Skywalk sollte derart konzipiert werden, dass ein allseitig geschlossener Witterungsschutz kostengünstig und auf technisch einfache Art realisiert werden kann. Sämtliche Konstruktionsteile der Brücke müssen für Kontroll- und Wartungsarbeiten leicht zugänglich sein. Außerdem mussten die statischen Anforderungen der denkmalgeschützten Otto-Wagner-Stadtbahnbögen und die Anbindung an das Stationsgebäude Spittelau berücksichtigt werden.

Budget: 2,2 Mio. Euro

Projektbericht Stufe 1

Stadträumliche Situation

Der Spittelauer Distrikt ist als einer der markanten Verkehrsknoten im Wiener Stadtkörper kollektiv als Erinnerungspartikel im Bild von der Stadt als unverwechselbares Wesen abgespeichert. In einer ersten Ebene der Wahrnehmung als ein Unraum erlebt, geprägt von sich verflechtenden und überlagernden Verkehrsbändern, jeder Menge Lärm und Gestank, produziert er jedoch alltäglich für eine große Zahl von VerkehrsteilnehmerInnen durch seine unverwechselbare Charakteristik eine wertvolle "Landmark" im Benutzungsfeld der Stadt. Er ist ein wichtiger Transitraum. Unter der Prämisse der heterogenen Stadt sind daher ausgleichende und beschwichtigende Überformungen nicht zielführend. Hinzufügungen und neue Eingriffe sollten sich auf umfassend verstandene Funktionalität und den sie daraus evozierenden formalen Kontext beschränken.

Leitidee des Entwurfs

Die Entwicklung des Stegs wurde von folgenden Überlegungen getragen: Die bestehenden Tragwerkstypen leiten nicht zwingend eine Übernahme von Tragwerkssystem, Material- und Farbwahl ab. Das Tragwerk soll sich vorrangig aus den projektspezifischen Anforderungen bestimmen. Diese sind durch die Forderung nach einer Einhausung und den mehrfachen Profilzwängen der Verkehrstrassen bestimmt. Geantwortet wird darauf mit einem die Nutzhöhe des Stegs ausnutzenden Fachwerkträgersystem. Ausgehend von einem Mehrfeldsystem wird im Bereich der Durchdringung des Stadtbahnpfeilers Nr. 4 das System an die Verringerung des Durchgangprofils angepasst. Die Endfelder werden als Auskragungen konzipiert in deren Bereichen sich die Fahrbahn aus dem Fachwerkverband löst und an die Bestandsniveaus anschließt.

Tragwerkskonzeption

Der Fachwerkträger wird typologisch als ein effizienter Typus des Eisenbaus gesehen. In seinen Grundzügen im 19.Jhd. entwickelt, bildet dieses System die Basis für eine wirtschaftliche Produktionsweise im Stahlbau. Für den Entwurf Leitbild gebend waren unter anderem Brückenbauhilfskonstruktionen, denen als "Werkzeuge" geräthafte Zweckoptimierung im Sinne von Konrad Wachsmanns Fahrradrahmen innewohnt. Vergleichbare Konstruktionslängen lassen bei der Systemwahl den Schluss auf ein konstruktiv und fertigungstechnisch optimiertes System zu. Der gewählte Idealtypus wurde in der Folge mit den ortspezifischen Anforderungen an Höhenlage, Fahrbahnneigung und Geländeanschlüssen überlagert und daraufhin adaptiert. Die Tragwerksbereiche beidseits des denkmalgeschützten Brückenpfeilers weisen ein ungefähres Langenverhältnis von 2 : 1 auf. Sie nehmen die Richtung der kürzesten Verbindung im Grundriss und in der Höhenlage die des jeweiligen Hautsteigungsverhältnisses auf. Der kürzere Teil des Tragwerks, zum Park hin, wird durch Unterstellung in seiner Spannweite ca. halbiert. Der längere Teil, zur U-Bahnstation hin, wird mittels Rahmenmast und Seilabhängung in 5 Felder unterteilt, sodass über die Gesamtlänge des Tragwerks annährend gleich lange Feldweiten entstehen. Im Pfeilerbereich wird durch Abklappung des Fachwerks ein Anlenk- und Auflagerpunkt im Brückenpfeilerdurchbruch geschaffen, der die Durchdringungssituation formal nicht verklittert und sich durch Material und Form von der historischen Konstruktion klar absetzt. Das Gesichtsfeld der Passanten wird im Anblick des Pfeilers dadurch frei gespielt, nur ein transparenter Witterungsschutz schließt hier an den denkmalgeschützten Bau an. Die Stegeinschnürung wird dabei durch die sich verjüngende räumliche Konzeption des Tragwerks bereits auf Distanz hin angekündigt und soll bremsend und Aufmerksamkeit fördernd wirken. In der Enge des Durchgangsbereichs selbst wird wegen dem unterflurigen Durchlaufen der Konstruktion der unvermittelte Kontakt mit dem kontrastierenden, Massivbau spürbar. Die emotionale Stimmung des Raums wird durch eine besonders hell ausgestaltete Lichtführung in diesem Bereich positiv eingestellt. Die Endfelder des Tragwerks sind als Kragträger konzipiert. An diesen abgehängt, wird die Fahrbahn auf das jeweilige Anschlussniveau bei der U-Bahnstation und beim Park in der Guneschgasse abgesenkt. Dies soll die behutsame Einfügung und den variabel gestaltbaren Anschlussbereich signalisieren. Im Bereich der U-Bahnstation wird neben der geforderten Anbindung an eine bereits vorhandene Ausgangstüre eine Variantenlösung vorgeschlagen. Die Fachwerkkonstruktion, Masten und Unterstellungen sind in Rundrohrausführung stumpf verschweißt konzipiert. Die Fahrbahnkonstruktion ist aus Flachprofilen und ausbetonierten Trapezblechfeldern entwickelt. Der Fahrbahnbelag ist als monochrom eingefärbter Epoxyharzbelag mit hellem, hoch reflektierendem Quarzsandbelag geplant. Im Bereich der Kragträger senkt sich die Fahrbahnebene gegenüber dem Untergurt ab und wird an Flachstahlbändern abgehängt.

Tragwerkausstattung

Die Geländer sind als Seilnetzkonstruktion mit Formrohrstehern mit durchgehenden Handlaufrohren in nicht rostendem Stahl wartungsschonend ausgeführt. Die Einhausung ist aus transparenten 2-Kammer- Kunststoffstegplatten, teilweise eingefärbt, in B1/Q1 Qualität geplant. Großformatige Tafeln werden auf einer Aluminiumstegunterkonstruktion auf die Tragwerkskonstruktion im Klip-on-System punktweise befestigt. In der Dachebene werden die Platten mit seitlichem Gefälle verlegt. Die Entwässerung erfolgt über den Obergurt begleitende Blechrinnen, die an den Brückenunterstützungen vertikal entwässert werden. An der Deckenuntersicht wird ein Lattenrost aus hochkant gestellten, gehobelten Tannenleisten eingebaut, der Sonnenschutz und eine akustische Verbesserung bringt. Die Funktionsbeleuchtung ist in Form von spritzwassergeschützten Schutzrohrleuchten (IP 67) zwischen den Latten nach einem komplex regelmäßigen Austeilungssystem angeordnet. Der helle reflektierend geplante Belag soll zur energiesparenden Ausleuchtung beitragen. Alternativ ist auch eine prototypische LED-Lichtleistenlösung angedacht, deren wirtschaftliche Machbarkeit in der Ausführungsplanung mit der Zulieferindustrie abzuklären wäre. Die seitliche Einhausung, ebenfalls in Stegplatten geplant, bilden zur Hauptkonstruktion breite Fugen aus, um gemeinsam mit dem offenen unteren Abschluss eine ausreichende Durchlüftung im Sommer und einen funktionierenden Windschutz bei Schlechtwetter zu gewährleisten. Alternativ ist hier auch ein dichtes, straff gespanntes Maschendrahtgewebe in Niro-Qualität möglich, das ausreichende Durchsicht, andererseits aber genug Schutz vor Schlagregen und Windböen bietet. Dazu wären in der Ausführungsplanung geeignete Tests in Zusammenarbeit mit den Lieferanten durchzuführen.

Technische Daten

Vertikale Lastabtragung: Die vertikalen Lasten aus den Nutzlasten der 4,50m breiten Fahrbahn werden über eine Trapezblechdecke Hösch Trapezprofil E 160 mit Betonverbund h= 8cm an die Hauptträger abgeleitet. Die Hauptträger sind seitlich situierte Fachwerkträger aus Stahlrundrohren, D=273/8,8 mit Diagonalen D=159/6,3. Die Hauptträger werden einerseits durch Stützen von unten, andererseits durch Abhängungen von einem Pylon aus gestützt. Durch die Kombination von Abhängung von oben und Tragwerksstützung von unten kann die gewünscht minimale Belastung des Pfeilerdurchbruchs Gürtelbogen erzielt werden. In den Endfeldern der Brücke ist die Fahrbahn gegenüber dem Fachwerk abgesenkt. Konstruktiv wird das durch eine Abhängung von Fachwerkuntergurt im Knotenpunkt mittels Hängestab gelöst. Horizontale Lastabtragung: Die Seitenlasten aus Wind werden über die gesamte Einhausung wirksam. In der Dachebene werden die Fachwerke durch Hohlprofile in den Knotenpunkten verbunden. Auf diese wird die Dacheindeckung mit Stegplatten in leichtem Quergefälle und seitlichen Rinnen montiert. In der Dachebene wird weitgehend die Vierendelträgerwirkung ausgenützt, gegebenenfalls sind gekreuzte Seilspannungen ergänzend anzuordnen. Die untere Ebene des Fachwerks ist durch die steife Fahrbahnscheibe gehalten. Die Lasten werden an die Auflagerpunkte abgeleitet.

Anbindung Park Guneschgasse

Hier beschränkt sich der Entwurfsvorschlag auf die Ausbildung des Brückenkopfs, der über einen 4,5 Meter breiten Fuß- und Radweg an das beabsichtigte Radwegenetz in der Guneschgasse angebunden wird. Im Übergang zur Blockrandbebauung kann dabei der Radverkehr von Fußgängerverkehr entflochten werden. Die eigentliche Parkfläche sollte in ihrem Charakter erhalten und der G´stättencharakter durch die Errichtung von zusätzliche Stauden, Weidentunnels und Baumhäusern in einen kleinen Abenteuerspielplatz verstärkt werden. Der hohe Lärmschallpegel der nahen Hauptverkehrsadern relativiert die Lärmentwicklung solcher Spielplätze ins Marginale. Für eine behindertengerechte Anbindung der Haltestelle der Busstation in diesem Bereich, auf Ebene des Döblinger Gürtels, wird eine mechanische Aufstiegshilfe in witterungsfester Ausführung vorgeschlagen. Eine offene Liftkabine stellt an einem Führungsrohr laufend eine Shuttleverbindung mit dem Brückenkopf her. Die Aufstiegshilfe ist mittels Behindertenschlüssel nach Euro-Code benützbar und so wie der gesamte Steg mit Kontrollkameras überwacht. Die beiden Stützenbasen des Stegs, auf Ebene des Döblinger Gürtels im Anschluss an die Bushaltestelle werden mit einer umlaufenden Sitzbank als Rammschutz gesichert. In diese Konstruktion ist eine Effektbeleuchtung für die Untersicht des Stegs integriert. Der heikle Bushaltebereich an dieser Hochfrequenzstraße wird dadurch zusätzlich ausgeleuchtet und akzentuiert. Auch der Zugang zum Steg wird mit einer Akzentbeleuchtung in der Nacht hervorgehoben um emotional bedingte Schwellenängste abzubauen.

Durchstich bei Pfeiler Nr. 4

Die Stegkonstruktion nimmt sich im Nahbereich und im Durchstich selbst durch das Abklappen der Konstruktion unter die Fahrbahnebene völlig zurück. Die Wandflächen des Durchbruchs werden in einem hellen Gelbton monochrom gefärbelt, der Deckenspiegel wird transluzent weiß ausgeführt. Damit wird eine optimale Kontrastwirkung an dieser Engstelle erreicht. Die Beleuchtung ist in die durchscheinende Tageslichtdecke, die auch bei Tag den Lichtkontrast zwischen Draußen und Drinnen reduzieren soll, integriert. In den längs laufenden Raumkanten des Durchstichs werden zusätzlich akzentuierende Wallwasher eingebaut.

Anbindung an die U-Bahnstation Spittelau

Folgendes wird vorgeschlagen: Berücksichtigt man die im Zwischengeschoss der U-Bahnstation bereits vorhandene großzügige Vorhalle vor dem versperrbaren Stationsbereich, so sollten zur Attraktivitätssteigerung und zur Vermeidung eines gefährlichen Nadelöhrs die Radfahrer und Fußgänger gemeinsam ohne Umlenkung in das Gebäude "herein geholt" werden. Eine Entflechtung der Ströme in der Vorhalle kann durch die großzügigen vorhanden Breiten leicht vorgenommen werden. Weiters wird als weiterführende Anregung vorgeschlagen, die bereits bestehende Passerelle entlang der UBahnstation, wegen der geringen Breite für einen gemischten Fuß- und Hauptradweg, um eine leichte Anhängekonstruktion zu erweitern. Diese könnte den Radfahrverkehr aufnehmen und den Fußgängern die bestehende Passerelle überlassen. Damit könnte im unmittelbaren U-Bahnstationsbereich durch Entflechtung der Verkehrsteilnehmer und der Vergrößerung der Kurvenradien für die Radfahrer eine übersichtlichere und gefahrlosere Gesamtsituation geschaffen werden. Sollte dies aus Sicht des Auslobers nicht möglich sein, wird wie die Studienvariante es vorsieht, der Steg durch eine leichte, an die U-Bahnstation angestellte und eigens fundierte Subkonstruktion, an den gewünschten Anschlusspunkt angebunden. Auf zukünftigen Änderungsbedarf kann dann ohne großen Aufwand reagiert werden ohne in die Stegkonstruktion selbst einzugreifen. Im Plan sind dazu die 3 Varianten dargestellt:

  • Fall A > Der Steg mündet direkt in das Foyer. Ein neuer Anhängegang erweitert den bestehenden Außengang.
  • Fall B > Der Steg mündet in das Foyer. Der bestehende Außengang mit 2,5 m lichter Breite hat den Radverkehr und nach Stationssperrung den gemischten Verkehr zu bewältigen.
  • Fall C > Die bestehenden Außentüre bestimmt die Wegführung zu Lift, Treppen, Verteilerebene und Ausgang.

Material- und Farbkonzept

Fachwerkskonstruktion: Stahlrundrohre, feuerverzinkt und beschichtet, Farbe Weiß RAL 9010. Fahrbahnkonstruktion: Flachprofile, feuerverzinkt und beschichtet, Farbe Verkehrsgrau B RAL 7043; Trapezblech Farbe Verkehrsgrau A RAL 7042; Belag in Epoxydharzausführung mit heller Quarzsandeinstreuung. Einhausung: Stegplatten, 2-Kammern, Farbe Farblos, Gelb, Hellgrün, Hellblau, Hellrot, zB. Rodalux. Verblechung und Unterkonstruktion Alu beschichtet, Farbe Verkehrsgrau B RAL 7043; Lattung in Tanne gehobelt, farblos imprägniert. Entwässerung Geberit Pluvia in Schiefergrau, Schellen verzinkt und Gummi Schwarz. Wandeinhausung alternativ: dichtes Maschendrahtgewebe in Niro-Qualität an oberen und unteren Fixierstangen mit Spannvorrichtung gehalten. Geländer: Aus Wartungsgründen in Niro-Qualität. Maschendrahtseilgewebe mit Maschenweite 4 cm an Spanneilen oben und unten gehalten, auf Formrohrstehern gehalten.

Anmerkung: In einer Nachreichung zur 2. Stufe wurde auf Wunsch der Jury ein Einhausungskonzept entwickelt, das ausschließlich Glas als Einhausungsmaterial vorsieht. Die Sonnenschutzlamellen wichen einer bedruckten Sonnenschutzverglasung. Die seitliche Einhausung wurde als feldweise alternierend fixe bzw. automatisiert verschiebliche Verglasung konzipiert.

Visualisierung

Eine Videoanimation wurde unter Verwendung einer Game-Engine in Echtzeit generiert. Das Video kann hier heruntergeladen werden.

Downloads

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