Brücke über die Heiligenstädter Straße im Bereich der Privatklinik Döbling

Geladener Realisierungswettbewerb, Wien, 2005

Fertigstellung 2007

Platzierung

1. Platz

Projektteam

  • DI Johannes Zeininger
  • DI Thomas Scheiblauer

Statik

  • DI Dr. Karlheinz Hollinsky


Projektbeschreibung

Städtebauliches Konzept

Die Brücke über die Heiligenstädter Straße ist Verbindungsgang und signifikantes Raumobjekt zugleich. Bewusst wurde versucht, dem Objekt formale Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit zu implantieren. Die zu verbindenden Gebäude sind zum einen ein traditionellen Stilformen verpflichteter Bestandsbau und zum anderen ein in seiner architektonischen Ausprägung noch unbekannter Erweiterungsbau. - Ein ungleiches Paar.

Die Verbindungsbrücke hängt sich auf der vorgegebenen Abschlusshöhe des 2. Obergeschosses des Altbaus (Bestandshöhe ca. +6,80 m über Straßenniveau) zwischen die beiden Straßenfluchten annähernd im rechten Winkel ein und verbindet auf kürzestem Weg (ca. 22 m Spannweite) die gegenüber liegenden Gebäudefronten.

Als wichtiger Verbindungsnerv des Gesamtkomplexes zwingt sie den Bewegungsabläufen innerhalb des Gebäudes im Regelfall zwei zusätzliche rechtwinkelige Richtungsänderungen auf. Die Anschlussstellen wurden in der Folge so entwickelt, dass im Bereich der Richtungsänderung eine möglichst übersichtliche Situation für den Nutzer geschaffen wird. Die verglasten Gebäudeöffnungen werden dazu über die Stegbreite hinaus einseitig in Bewegungsrichtung aufgeweitet, um die Richtungsänderung anzukündigen und die Orientierbarkeit innerhalb der beiden Gebäude durch entsprechende Blickkontakte zu erhöhen.

Über die Errichtung der Verbindungsbrücke hinaus werden zusätzliche Maßnahmen im öffentlichen Raum angeregt. Die Breite der Straße erlaubt eine einseitige Bepflanzung der Parkspur. Aus Besonnungsgründen wird dafür die Ostseite der Heiligenstädter Straße vorgeschlagen. Durch die wesentliche Erweiterung der PKD und dem damit zu erwartenden Beschäftigten- und Besucherverkehrs scheint es angeraten, einen Schutzweg vorzusehen. Die Lage orientiert sich am Haupteingang des Bestandsbaus und könnte eine Entsprechung Vis-à-Vis im Neubau finden.

Städtebaulich begrüßenswert wäre aus unserer Sicht die Fortführung der Arkadierung der Nachbarbebauung. Allerdings ist uns bewusst, dass ein Sanatoriumsbetrieb von seinem Raum- und Funktionsprogramm her dazu kaum adäquate Nutzungen vorweisen kann. Auch lässt der Standort eingelagerte Geschäftsflächen im Erdgeschoß vermutlich nicht zu.

Baukünstlerisches Konzept

Der vorgeschlagene Entwurf folgt mehreren Entwicklungslinien.

Linie 1

Die Verbindungsbrücke ist als leichter Kastenträger mit durchdetaillierten Vollwandelementen konzipiert. Im Bereich der Gebäudeanschlussstellen verjüngen sich die Wandträger und öffnen in Verbindung mit verglasten Deckenrandfeldern den Innenraum. Der Zuschnitt der Wandträger ist gegeneinander versetzt, was eine Dynamisierung des Raumeindrucks und eine subtile Differenzierung der Wegeindrücke entsprechend der jeweiligen Wegrichtung bewirkt.

Linie 2

Auf gestalterischer Ebene wird die Strategie "des kleinen Werks" verfolgt. Sujethaft in der Nähe einer kleinen Spielerei mit Tiefgang angesiedelt, ganz so wie die Anfertigung eines Origamis, wird der Großstadtraum um eine weitere Facette angereichert. Die Schwerelosigkeit von weißem Papier, sichtbare Fugen, die scharfe Kantungen suggerieren, stellen auf verschiedenen Ebenen unterschwellig mentale Anknüpfungspunkte mit der Welt der Medizin und des Heilens her.

Linie 3

Die Brücke als surreales Metazeichen wird zum Sender im öffentlichen Raum der modernen Stadt. Gleich den Surrealisten, die in den Pariser Passageräumen des späten 19. Jahrhunderts mit ihren dichten, aufgeladenen Objekträumen an Werbezeichen und Signalen einer neue Art der Wahrnehmung auf die Spur kamen, wird durch gestalterisches Kalkül eine fast autistische Tendenz des Objekts angestrebt, um das Wahrnehmungspotential und die Sendeleistung zu intensivieren. Als Werbeträger in Sinne einer horizontal gelagerten Litfasssäule wird der Verbindungssteg nicht gesehen. Ein Schriftzug, ähnlich den aus Bronze gefertigten, von der Fassade abgehobenen, Schatten werfenden Metalllettern am Guggenheimmuseum in New York ist vorstellbar.

Linie 4

Die Verbindungsbrücke fungiert auch als Lichtobjekt. Energetisch in Schwebe gehalten von den verglasten Anschlussstellen der Kliniktrakte, wird die Steghülle durch das Linienmuster der Sehschlitze und der Ausleuchtung der Brückenuntersicht akzentuiert. Die Ausleuchtungsstärke wird tagesablauf- und saisonabhängig gesteuert.

Linie 5

Auf der funktionellen Ebene wird durch den Verbindungsgang von einem in Z-Form zweifach abgewinkelten Bewegungsablauf zwischen den beiden Gebäuden ausgegangen. Die Richtungsänderungszonen sollen so übersichtlich und konfliktlos wie möglich als Wohlfühlräume ausgestaltet werden. Kollisionspotential durch unübersichtliche Ecken sollen vermieden werden. Das Spiel von Licht und Schatten, der Überblick im Inneren und ein reduzierter Einblick von Außen waren wichtige Parameter für die formale Ausprägung dieser Bereiche.