Johannes Zeininger
Hinzufügungen
Weiterbauen, eine universelle Strategie im Umgang mit
Architektur und Stadt
Der Ablauf des Plots ist unspektakulär und
alltäglich: Der Wagen hält auf seiner Fahrt zuerst kaum
merklich, doch schließlich endgültig. Ein kurzes
Zögern des Fahrers, noch benommen von der bislang
eingehaltenen Geschwindigkeit sieht er in den Rückspiegel,
suchend, setzt den Wagen dann bis zur Wegkreuzung zurück,
ändert die Fahrtrichtung, versichert sich im Anfahren
witternd nochmals der Richtigkeit seines Horizonts und geht
beschleunigend auf neuen Kurs.
Dieser Bewegungsablauf in Raum und Zeit charakterisiert in
komprimierter Analogie den Vorgang der Umnutzung des Alten
Allgemeinen Krankenhauses vom Großspital zu einer fast 10
Hektar großen urbanen Universitätsstätte für
Geisteswissenschaften im Kerngebiet einer Millionenstadt. Das
Auslaufen des Spitalbetriebs vollzog sich in seiner Anfangsphase
kaum wahrnehmbar bereits in den fünfziger Jahren mit
Absiedlungsentscheidungen und endete in Versteigerungen des
zurückgelassenen Inventars, der temporären
Einquartierung bosnischer Kriegsflüchtlinge und einem rasant
einsetzenden Verfallsprozeß des aufgegebenen
Großspitals. Parallel dazu liefen die Aktivitäten zur
neuen Richtungsbestimmung ab. Neue Nutzungsmöglichkeiten
wurden untersucht, Konzepte erstellt, Teams gebildet, die
Schenkung eingeleitet.
Der auslösende Schritt einer neuen architektonischen
Richtungsbestimmung war jedoch die Absicht, das zum Stillstand
gekommene Großspital an jenen Schnittpunkt seiner
baulich-strukturellen Entwicklung zurückzusetzen, von dem
aus die Richtung der geänderten Nutzungsvorstellungen und
der architektonische Faden aufgenommen werden konnten. Innerhalb
des Abstimmungsprozesses über neue Zielvorgaben wurde im
Rahmen eines architektonischen Gutachterverfahrens, das
architektonische und denkmalpflegerische Fragen klären
sollte, von den Teilnehmern Kurrent und Zeininger dieses
"Zurücksetzen" mit großer Konzentration
aufgenommen.
Kontextuelle und strukturelle Recherchen
Im Zuge des Gutachterverfahrens dienten uns die Stiche der
Grundrisse des Allgemeinen Krankenhauses als planliche Grundlage.
Diese Pläne gingen nach maßstäblicher Anpassung
mühelos im aktuellen Stadtkartenmaterial auf, und es wurde
die architektonische und bauliche Grundstruktur der Anlage unter
der Überlagerung der über die Jahrhunderte aus
funktionellen Erfordernissen gewachsenen Raumteilungspläne
schlagartig wieder lesbar. In der Folge wurden die
Überlagerungen selbst untersucht und spätere,
strukturell relevante Umbaumaßnahmen erfaßt und als
Grundsubstanz der Anlage für weitere Planungsschritte
betrachtet.
Im Zug der Recherche der baugeschichtlichen Genese des
Gesamtkomplexes zeigte sich für den Entwurfsprozeß,
daß bereits bei der Installierung des Zentralen
Krankenhauses unter Joseph II 1784 die Bauaufgabe vorwiegend in
der Umnutzung und Anpassung der bereits bestehenden Höfe 1
bis 7 lag. Lediglich das sogenannte Tollhaus, heute Narrenturm
genannt, wurde im typologischen wie funktionellen Kontext als
Neubau dem Komplex hinzugefügt.
Die notwendigen baulichen Maßnahmen für den
neuartigen Typus eines "Zentral-Spitals" wurden von Josef Gerl,
einem im damaligen Wien viel beschäftigten bürgerlichen
Baumeister, nach der funktionellen Konzeption des ersten
Direktors des AKH, Prof. Dr. Josef Quarin, durchgeführt. Es
ist geschichtlich beurkundet, daß Josef II bei den
Umbauarbeiten direkt in die Planungen eingriff und über
"allerhöchste Anordnungen" auch Detailbereiche
persönlich festlegte. In nur 17 Monaten gelang es, den
Komplex als Zentralspital umzubauen, das in seinen baulichen
Grundzügen bis heute erhalten ist.
Analysiert man den architektonischen Duktus der Anlage, so
zeigen sich auf den unterschiedlichsten Ebenen der Wahrnehmung
nie ganz zur Deckung kommende Strukturen, deren verhaltene
Disharmonien als strukturelles Phänomen den Ansatzpunkt
für weiterführende Konzepte unserer Arbeit abgab. Ein
Beispiel dazu: Gegenüberliegende Fassaden spiegeln bereits
in ihrer Öffnungsstruktur unterschiedliche innere Nutzungen
wieder, obwohl im Gesamterscheinungsbild der Grundkonsens von
Symmetrie angestrebt wird. Illustriert wird dies an den Ost- und
Westfassaden des Hof 1. Dem Westtrakt, als 2-geschoßigem
Bettentrakt, ist im Osten unter Ausnutzung der
ursprünglichen, mit einem Mezzaningeschoß
ausgestatteten Baustruktur, ein 3-geschoßiger Sondertrakt
mit Zentraleinrichtungen gegenübergestellt, der
Behandlungsräume, Apotheke, Verwaltung und Dienstwohnungen
aufnahm. Vor allem die nachträgliche Veränderung der
Fenster in die Höfe durch das Absenken der Parapete, was
durch die Aufteilung der Bettensäle in kleinere Hofzimmer
und einem straßenseitigen Erschließungsgang notwendig
wurde, verschärfte diese Disharmonie. Nachträglich
eingebaute Behandlungsräume mit Großfenstern in
Sonderformaten brachten weitere Irritationen. Andererseits lassen
die einheitliche Traufhöhe und Gesimsausformung, sowie die
Ausbildung von sich gegenüberliegenden Mittelrisaliten und
deren Entsprechungen in der Dachsilhouette, die
Fassadenstrukturen zwar nicht als gleich, aber doch als
gleichwertig und ausgewogen erscheinen.
Innerhalb der Bettentrakte, die den überwiegenden Teil
der Anlage ausmachen, ist funktionell eine einheitlich
rythmisierte Struktur erkennbar, die mit der
baulich-strukturellen übereinstimmt. Die Baustruktur bildet
ihre Unterschiede aus den Bauetappen des Bestandes und den damit
verbundenen abweichenden Konstruktionsweisen der
Gebäudedecken aus, wobei Gewölbekonstruktionen oder
Flachdecken in Dippelbaumkonstruktion als Erstkonstruktion
anzutreffen sind. Spätere Umbauten haben die Deckensysteme
um Tramdecken, Filigrandecken und Stahlbetondecken mit
unterschiedlichen Profilausbildungen erweitert. Die strukturelle
Grundkonzeption der Bettentrakte ist mit wenigen Ausnahmen nur
einraumtief, bei einer Trakttiefe von ca. 10 m und einer
Nutztiefe von etwas über 8 m. Das heißt, es gibt
für diese Bereiche keine konstruktiven Mittelwände, die
Decken der Säle tragen zu den Außenmauern ihre Lasten
ab, Kamine sind im Regelfall in den Querwänden situiert, die
Räume werden von 2 Seiten belichtet und belüftet. Die
erwähnten Gebäude sind konstant über die gesamte
Anlage annähernd mit der gleichen
Regelgeschoßhöhe von ca. 5,5 m Höhe ausgestattet,
was Raumhöhen um 5 m zuläßt und jedem Bett
rechnerisch ca. 38 m³ Luftraum zuordnet.
Das funktionelle wie konstruktive Hauptmodul bildet der
Bettensaal im Ausmaß von ca. 18 x 8 Metern, der paarweise
behältnisartig unter Einbeziehung einer eingeschobenen
Servicezone linear additativ gereiht ist und die
Erschließungswege integriert. Abgeschlossene Gänge
kamen ursprünglich nur in Sonderbereichen vor, wo dann
einhüftige Erschließungssysteme in der Ausbildung
einer dritten konstruktiven Längsachse des Gebäudes
ihre Entsprechung finden. Der Abschnitt eines Bettensaals
erstreckt sich über 7 Fensterachsen in der Fassade, der um
den mittig angeordneten Versorgungsbereich im Ausmaß von 2
Fensterachsen gespiegelt paarweise mit einem zweiten Bettensaal
ein strukturelles Objekt bildet. Der Versorgungsbereich ist mit
Wasseranschluß, Abort, Teeküche, teiweise mit
Badegelegenheit, Behandlungsräumen und im alternierenden
2-er Rhythmus mit Stiegenhäusern ausgestattet. Der Architekt
Louis Kahn spricht in diesem Zusammenhang von bedienten und
dienenden Räumen.
Dieses einfache System an Baustruktur ist universell und wurde
bei unterschiedlichsten funktionellen Anforderungen eingesetzt.
Beispielhaft wird dafür ein vorstädtisches
Pawlatschenhaus, um 1820 errichtet, gezeigt, das Wohnungen und
kleingewerbliche Produktion aufnahm.
Die Belichtung und Belüftung der Bettensäle erfolgte
über hochgesetzte Fenster, deren Parapet über
Kopfhöhe liegt und deren Maueröffnung durch
Anschrägen der tiefen Leibungsflächen bei Tageslicht
die Streuwirkung eines Leuchtenreflektors übernimmt. Die
hohe Lage der Fenster garantiert eine in die Tiefe reichende
Belichtung, eine wirksame Querlüftungsmöglichkeit im
Bereich der Decke und die durchgängige Nutzung der
Saalwände für die Bettenaufstellung. Hugo Häring
hat diese Kriterien 150 Jahre später, von der
funktionalistischen Position der "Spurform" ausgehend, generell
als Maxime für den Wohnungsbau gefordert.
Das Heizsystem, eine einfache Kaminluftheizung, die extern,
wie wir im Zuge der Umbauarbeiten rekonstruieren zu können
vermeinen, über kleine dezentrale Befeuerungskeller
betrieben wurden, war an den Stirnseiten der Säle
installiert. Heizung und Sanitärinstallationen erfuhren laut
historischen Berichten mehrmalige Anpassungen, wurden aber wegen
des sich im 19. Jahrhundert zunehmend rascher entwickelnden
Technisierungsgrads in der Gebäudeausstattung laufend als
betriebliche Problembereiche angesehen. Bereits 1835 wurde die
Heizung auf Meißnersche Mantelöfen umgestellt, die
einen höheren Effizienzgrad und sicheren Abgaskreislauf
aufwiesen und es technisch bereits ermöglichten, über
Zuströmöffnungen in der Außenwand die Frischluft
kontrolliert vorzuwärmen. Im selben Zeitraum wurden die
Aborte mit Dunstabzug und Geruchsverschlüssen ausgestattet,
die Wasserversorgung 1873 durch eine Anbindung an die
Hochquellenwasserleitung erhöht und zusätzliche
Wannenbäder nachgerüstet. Die Kanalanlage bestand seit
Beginn des Spitals.
Der Krankenhausbetrieb war ursprünglich auf eine
Bettenzahl von 1600 Betten ausgelegt, wobei eine Erhöhung
auf 2000 Betten bereits im Wirtschaftsplan von Direktor Quarin
mit berücksichtigt wurde. 1834 wurde unter Kaiser Franz I.
nach zweijähriger Bauzeit das mittlerweile als Allgemeines
Krankenhaus bezeichnete Spital im Anschluß an den Hof 7 um
die Höfe 8 und 9 erweitert. Die Grundrißanordnung,
allgemeine Grundsätze des Spitalskonzepts, sowie die
funktionellen und baulichen Strukturen wurden unverändert
beibehalten. Der neue Abschnitt war jedoch zur Gänze
unterkellert und mit einem durchgehenden 2. Obergeschoß
ausgeführt. Das Spital wuchs durch diese Erweiterung um
zusätzliche 500 Betten an.
Die weitere Entwicklung des Großkrankenhauses brachte
bezüglich des Gesamtkomplexes aus struktureller Sicht 2
Typen von Veränderung:
• Das Einstellen von pavillonartigen Gebäuden in die
Höfe.
• Den Einbau von Sonderräumen mit örtlichem
Austausch der Baustruktur des Bestandes.
Im Zuge der sich entwickelnden Gliederung der medizinischen
Wissenschaft wurden notwendige Sonderräume im Nahbereich der
klinischen Abteilungen errichtet. Ausgehend von freistehenden
Pavillons in den Höfen erfuhren diese über die
Jahrzehnte funktionell notwendige Ergänzungen und
Anbindungen an die Hauptbebauung ohne jeglichen strukturellen
Anspruch. Einen Sonderfall bildet hierzu die Errichtung des
pathologisch-anatomischen Instituts an der Spitalgasse von 1859 -
1862, das strukturell verwandt dem Narrenturm als freistehendes
Gebäude mit einem Korrespondenzanspruch an den Stadtraum
errichtet wurde.
Vom zweiten Typus sind Umbauten innerhalb des Bestandes, die
einen strukturellen Eingriff in das Gefüge des Baukomplexes
bewirkt haben. Hier waren es vor allem die Hörsäle, die
durch die zunehmende Ausbildungsleistung des
Großkrankenhauses seit Ende des 19. Jahrhunderts notwendig wurden. Die Hörsäle wurden
mit Ausnahme eines kleinen Hörsaalgebäudes in Hof 2
trotz der abweichenden baulich-strukturellen Anforderungen in den
Bestand implantiert. Aktuelle medizinische und didaktische
Erkenntnisse wurden dabei berücksichtigt, sodaß die
Hörsäle, bei denen das Sehen wegen der
Demonstrationsordinationen die entscheidende Rolle spielte,
großzügig belichtet, nach hygienischen Gesichtspunkten
möglichst fugenlos ausgestattet und punkto Sichtkontakt
für den Nutzer optimiert wurden. Diese "Saalimplantate" mit
ihren in sich schlüssigen aber autonomen Strukturen ragen
aus den einraumtiefen Baukörpern der ursprünglichen
Bebauung hervor und bilden markante Irritationen innerhalb der
Hofräume.
Weiters wurde im Hof 1 an der Südseite durch Anstellen
von flachen Vorbauten und durch funktionelle Umstrukturierung
eine 2-hüftige Raumerschließung geschaffen.
Nachträgliche Verbindungsbrücken vernetzten alle Trakte
untereinander.
Das strukturelle Konzept
Warum Struktur?
Die Frage nach Strukturen unterläuft stilistische
Verkrustungen und hat innerhalb der Wiener Moderne Tradition. Wie
aus dem Blickwinkel eines Scanners kann mit dieser Frage durch
die Oberfläche hindurch ins Innere von Objekten gesehen
werden; Ordnungen zeigen sich, Zusammenhänge, Abläufe.
Bei entsprechender Wahrnehmungsfähigkeit lassen sich daraus
auch Aufschlüsse über Leistungsfähigkeit und
kontextuellen Zustand der betrachteten Objekte gewinnen. Es
können Angaben über Gebrauchswert, konstruktive
Vernunft, Veränderbarkeit, räumliche Qualität und
der Bezug zum Umfeld gemacht werden.
Eine sich öffnende Architektur ist eine Notwendigkeit,
blickt man auf den derzeit ablaufenden Prozeß der
zunehmenden Vernetzung urbaner Situationen. Diese werden von
einem rasanten interdisziplinären Austausch begleitet. Gutes
Design, wie die Neue Schlichtheit oder der Trend zum
genialistischen Wurf, das seinen Wert vorrangig aus dem
Perfektionismus und der Kommunikationsleistung aufbereiteter
Oberflächen erfährt, kann im schnellebigen Zyklus der
Konsumproduktion nur urbane Regale auffüllen, letztlich aber
auf dieser Ebene nicht nachhaltig auf urbane Prozesse
einwirken.
Wir sind überzeugt, daß Umnutzungsaufgaben wie die
des ehemaligen Allgemeinen Krankenhauses, wegen des kontextuellen
Stellenwerts im urbanen Weichbild der Stadt, vorrangig an der
Qualität und Intensität des urbanen Vernetzungsgrades
zu messen sind. Dabei ist zu beachten, daß
aussagekräftige Überprüfungen und
Leistungsbestimmungen "bei laufendem Motor" durchzuführen
sind, was heißt, der Faktor Zeit muß in alle
Betrachtungen einbezogen werden.
Auf der Grundlage der Gebäudeanalyse und der
strukturellen Recherchen wurden in der Phase des Entwurfs
folgende Aspekte als wesentlich für ein künftiges,
kontextuell fundiertes Grundgerüst angesehen:
• Das Freilegen der konstruktiv-räumlichen Struktur aus
dem vorgefundenen überkommenen funktionellen Mantel des
Großkrankenhauses einschließlich seiner betrieblichen
Strukturen.
• Die programmatische Absicherung der
konstruktiv-räumlichen Struktur.
• Die abschnittsweise Überprüfung der bestehenden
funktionellen und betrieblichen Strukturen auf ihre
Wiederverwendbarkeit.
• Das Entwickeln von offenen funktionellen und betrieblichen
Strukturen in Hinblick auf den neuen Nutzungszweck unter der
Zugrundelegung der abgesicherten konstruktiv-räumlichen
Struktur.
• Das Entwickeln weiterführender
räumlich-struktureller Konzepte in Korrespondenz mit den
geänderten funktionellen Anforderungen.
• Die Erarbeitung einer morphologischen und typologischen
Partitur.
Die inhaltlichen Zielsetzungen dieses Entwurfs, der aus dem
Gutachterverfahren als Leitkonzept für die weitere
Bearbeitung hervorging, wird von Friedrich Kurrent in seinem
Beitrag dargelegt. In der Folge gehe ich auf die detaillierte
Ausformung und Nachjustierung dieser Vorstellungen im
Abstimmungslauf des Projekts ein. Die Bearbeitung des Projekts
erfolgte innerhalb des vor Ort installierten Projektbüros
der in der Folge vom Auftraggeber beauftragten Arge Architekten
Altes AKH, dessen Büroleitung ab dem Entwurf ich
übernahm.
Ich werde versuchen, die vernetzten Entwicklungslinien
innerhalb des Planungsprozesses themenhaft zusammenzufassen und
sie den Grundsatzüberlegungen der strukturellen Recherche
gegenüberzustellen, in der Hoffnung, Spuren eines
architektonischen Adaptierungsprozesses in Worten nachzuzeichnen
und damit das Thema des Hinzufügens als einen zentralen
schöpferischen Prozeß zu streifen.
Hermann Czech schreibt 1985 zu diesem Thema:
Der Umbau ist ein architekturtheoretisch wichtiges Thema;
vielleicht das zentrale überhaupt - weil im Grunde alles
Umbau ist. Dabei stellt sich die Frage der Annäherung an das
Vorhandene. Wird dem Vorhandenen ein Neues, Anderes
entgegengesetzt, oder handelt es sich um die Fortsetzung des
Vorhandenen mit anderen (oder gar gleichen) Mitteln? Es scheint,
daß der Umbau beides enthalten muß, und daß die
Fortsetzung des Vorhandenen in der Bildung einer neuen Einheit
auf höherer Ebene besteht.
Architektonisches Konzept
Am Beginn der Umbauplanung stand die Notwendigkeit von
Reduktion. Die zur Verfügung stehenden finanziellen
Projektmittel machten von vorneherein allen Beteiligten klar,
daß die Bauaufgabe keine Generalsanierung sein konnte. Das
Weg- und Zurücknehmen, das Unberücksichtigtlassen, das
Nichtausführen begleiteten das Projekt von Beginn an. Neben
rein wirtschaftlichen Aspekten war die Reduktion von Beginn des
Entwurfs weg ein wesentliches Mittel des architektonischen
Gesamtkonzepts. Zu dessen Definition wurde wegen der großen
Zahl an wirtschaftlichen Sachzwängen, eine
architektonisch-typologische Bestandsanalyse wichtiger
Bauelemente aus allen Bauepochen auf ihren möglichen
Gebrauchswert hin recherchiert, um einen Fundus an
wiederverwendbarem architektonischen Material für das neue
Konzept zu erlangen.
Die Gremien der Auftraggeber wurden schrittweise
überzeugt, daß bei der gegebenen Situation eines
abgenutzten unter Denkmalschutz stehenden Großspitals,
eines bezogen auf das Fassungsvermögen der Altsubstanz
umfangreichen Raum- und Funktionsprogramms und der knappen
finanziellen Mitteln, mit einem gezielten architektonischen
Gesamtkonzept die Aufgabenstellung umfassender und damit
zufriedenstellender bewältigt werden kann. Die aus
wirtschaftlicher Vorsicht ursprüngliche Absicht, eine rein
an Nutzflächen orientierte Adaptierung der Anlage
vorzunehmen, konnte im Laufe von anfänglichen
Grundsatzgesprächen und ersten Bestandsanalysen
zurückgedrängt und eine komplexere Sicht- und
Arbeitsweise in der Folge entwickelt werden. Entscheidend
dafür war zum einen das Ergebnis des Gutachterverfahrens,
das über die geforderte baukünstlerische
Detailaufgabenstellung hinaus einen architektonischen
Gesamtzusammenhang der anstehenden Bauaufgabe aufzeigte, zum
anderen die einsetzenden konkreten Bestandsanalysen im Zuge der
Absiedlung des Spitals, die schrittweise den zum Teil bis dahin
nicht erwarteten schlechten Erhaltungszustand der Anlage
aufzeigten, der eines umfassenden Sanierungskonzepts
bedurfte.
Dem entsprach auch der Diskurs auf denkmalpflegerischer Ebene,
wo wegen des wirtschaftlichen Drucks eine breit angelegte
Rückführung des Erscheinungsbilds der an sich
historisch bedeutenden Anlage nicht in Frage kam. Vielmehr
entwickelte sich eine bis in die Ausführungsphase
hineinbegleitende kooperative Strategie von Bundesdenkmalamt und
Architekten, die den jeweiligen Schwerpunkt von
denkmalpflegerischer Maßnahme, architektonischer Absicht
und wirtschaftlicher Notwendigkeit im Bereich von Instandsetzung,
Rückführung oder Austausch, innerhalb der mit dem
Bauherrn abgestimmten Rahmenpläne und deren Budgetierung,
auf der Mikroebene festlegte.
Ein weiterer grundsätzlicher Aspekt von Reduktion war die
Forderung des Bauherrn, im funktionellen und haustechnischen
Bereich den Bestand auf allen Ebenen aus Kostengründen
weitgehend zu schonen. Hierin steckte gewaltiges
Konfliktpotential, indem sich der vorgegebene Kostenrahmen mit
darauf hingerichteten Zielvorgaben und der mit jedem Jahr
rasanter fortschreitende Abnutzungs- bzw. Verfallsprozeß
des letzten Jahrzehnts als Planungsfakten
gegenüberstanden.
System, Element, Material, Oberfläche
Es galt im Verlauf des Projektes, manchmal in mehrfachen
Wiederholungsläufen, zu klären, ob funktionell und
betrieblich nur eingeschränkt übernehmbare Strukturen
weiterzuführen oder durch auf die neuen Zielvorgaben hin
optimierte Umstrukturierungen auszutauschen sind. Die in diesem
Zusammenhang erstellten Kostenanalysen konnten nur bei sehr
eindeutigen Ergebnissen hilfreich sein. Da beim Umbau von einem
höheren Toleranzfaktor auszugehen ist, was zu einer
größeren Unschärfe in der Kalkulation
gegenüber Neubauplanungen führt, waren bei geringen
Kostenvorteilen die Ergebnisse nicht eindeutig, so daß in
diesen Situationen aus der Sicht der Architekten dem
Entwurfskonzept mit seiner strukturell gelegten Spur der Vorrang
zu geben war.
Diese Problematik galt insbesonders für bautechnische
Elemente und haustechnische Systeme, da wegen der vom
Bauträger und den Architekten übernommenen
Kostengarantien anfänglich sehr emotionell geführte
Grundsatzdebatten stattfanden. Dank der im Laufe der Planung
immer detaillierteren Kostenanalysen zeigte sich in Bereichen, in
denen ein erkennbarer Schadensgrad oder Fehlbestand feststellbar
war, daß die funktionelle Optimierung und der Austausch von
mangelhaften Elementen oder Systemen in der Regel
wirtschaftlicher war als deren Instandsetzung. So wurde das
Kanalnetz neu gebaut, der Großteil der Fenster und
Türen getauscht, die Heizung und Elektrik neu installiert,
ebenso die WC-Anlagen, große Bereiche des Mauerwerks
trockengelegt und nichttragende Trennwände weitgehend auf
das geforderte Raumprogramm hin optimiert.
Jeder Aufgabenstellung ging eine zeitaufwendige Recherche in
der zum Teil nur erahnbaren Bandbreite von Bestandssituationen
voraus. Die Lösungsansätze, die in Rückkopplung
mit den Fachplanern anfänglich in Varianten in den
Abstimmungsprozeß der Entwurfsfreigabe eingebracht wurden,
führten letztlich zu vom Bauherrn als Ausstattungs- und
Ausführungsstandard freigegebenen Regeldetails.
Erklärtes Ziel war es, als Planungsangabe Regeldetails zur
Verfügung zu haben, die einerseits so weit typologisiert
waren, daß sie den Einstieg eines Ausführenden in die
Komplexität der Aufgabenstellung ermöglichten,
andererseits den großen Toleranzbedarf innerhalb des
Spektrums der Bestandsvielfalt auch baukünstlerisch
berücksichtigten. Dabei ist rückblickend festzustellen,
daß über die Schnittstelle Werkplanfreigabe im Zuge
der Bauausführung bei den Detailplänen nur ein
minimaler Bedarf an Planänderung wegen unvorhergesehener
Bestandssituationen auftrat.
Im Fassadenbereich wurde mit dem Budesdenkmalamt ein über
die konkreten Budgetmittel hinausreichendes
Gesamtsanierungskonzept ausgearbeitet, auf dessen Grundlage ein
für die Universität in die Zukunft gerichtetes
stufenweises Sanierungskonzept ausgearbeitet und abgestimmt
wurde. Bei den Werkstoffen und Farben konnte nach eingehenden
Fassadenuntersuchungen und Putzanalysen durch Sonderfachleute im
Wirkungsbereich des Bundesdenkmalamts eine Systematik der
Instandsetzungstechniken ausgearbeitet werden. Denkmalpflegerisch
bedeutendere Zonen, wie Risalitbereiche, Fassaden mit noch
erhaltenen Orginalputzen und architektonisch reicher
ausgestattete Fassaden wurden unter Mitwirkung des
Bundesdenkmalamts denkmalpflegerisch saniert und mit Kalkanstrich
versehen. Der Großteil der Fassaden und generell die
Bauetappe von 1834 (Hof 8 + 9), die bereits einen Austausch des
Putzsystems erfahren hatten, wurden in üblichen
Sanierungstechniken als Maschinenputz ohne nennenswerte
Rückführungsmaßnahmen instandgesetzt und mit
Silikatfarbe gestrichen. Der Farbton für die Bauetappe von
1784 (Höfe 1 - 7) ist auf Grund der Farbanalysen als heller
ungebrannter Ockerton in monochromer Ausführung
nachempfunden worden, die Bauetappe von 1834 (Hof 8 + 9) erhielt
einen einheitlichen hellgrauen Anstrich.
Die transparenten Einbauten der Vorgelege versuchen in ihrem
Farbkonzept den Unterschied zum tektonisch geschichteten
Mauerwerksbau fortzuschreiben und durch den Einsatz von
Gläsern in unterschiedlichen Grüntönen, den
kontrastierenden anthrazitgrauen Sprossen, den leuchtendroten
Öffnungsflügeln, den weißen textilen Markisen und
den mittelgrauen Faserzementplatten in Verbindung mit den
vorgelagerten schwarzen Asphaltflächen, dem Grün des
Rasens und des Baumbestands den urbanen Innenraumcharakter der
betroffenen Höfe 2, 8 und 9 zu stärken.
Die irreguläre Fensterstruktur des vorgefundenen
Bestandes wurde nur unwesentlich zurückgenommen. Lediglich
bei Elementen, die die historische Struktur empfindlich
störten und deren Erhaltungszustand einen Komplettaustausch
notwendig machte, wurden diese Elemente der Fassadenordnung
angepaßt. Das mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmte
architektonische Konzept war, die Spuren, die der funktionelle
Wandel des Großspitals gelegt hatte, aufzugreifen und bei
der erneut notwendigen Überformung mit einzubeziehen.
Notwendige neue Eingriffe in die Fassaden, wie die neu
geschaffenen Durchgänge in den Höfen 1, 3 und 8, sowie
die neuen Institutszugänge und die zusätzlich notwendig
gewordenen Fluchtausgänge, wurden, die Gliederung der
Fassade aufgreifend, deutlich erkennbar aus dem Bau
herausgeschnitten und entsprechend ihrer Bedeutungshierarchie mit
systematisierten architektonischen Attributen ausgestattet.
Institutszugänge sind so weithin sichtbar an ihren
Vordächern zu erkennen, deren verglastes Türelement mit
Leibung in der Fassade zurückspringt. Fluchttüren
weisen kein Vordach auf, das Türelement liegt in der
Fassadenebene wie die historischen Fensterkonstruktionen und sind
nur mit einem Guckloch im Sinne des Arbeitnehmerschutzes
ausgestattet.
Im Außenbereich wurde für sämtliche
Bautischlerelemente als Beschichtungssystem Standöl
gewählt, das sich ebenso wie die einheitlich
weiterverwendete Serie der Beschläge (WG/ Modell "Standard"
aus den 20er Jahren, das noch immer in der aktuellen
Produktpalette kostengünstig angeboten wird) vom
vorgefundenen Bestand ableitet werden konnte. Dies trifft auch
auf die Farbe der weißen Fenster zu, die zwar historisch
nicht korrekt, aus Kostengründen beibehalten wurde. Neue
Tür- und Auslagenelemente erhielten einen hellgrauen
Anstrich. Die Farbgebung historischer Tore wurde rekonstruiert
und ergab nach Bauetappen unterschiedliche
Grüntöne.
Im Innenausbau wurde architektonisch analog den Regeldetails
versucht, eine weitgehende Reduktion verwendeter Materialien und
Oberflächen über den weitläufigen Baukomplex
durchzuhalten und bei der Wahl der Mittel einerseits auf
kostengünstige Elemente und Herstellungstechniken
zurückzugreifen, andererseits aber auch einen inhaltlichen
Bezug zum historischen Bestand auf ideeller Ebene
herzustellen.
Wände und Decken des Altbaus, sowie konstruktiv
notwendige Ergänzungen und neu eingebaute Stiegenhäuser
wurden in einem leicht abgetönten Weiß gefärbelt.
Die Zubauten der Vorgelege und die neuen Zwischendecken in den
Bibliotheksbereichen sind in Sichtbeton ausgeführt und
kontrastieren in ihrer rauheren Oberflächenstruktur zu dem
sonst weiß gehaltenen Inneren. Die Nutzbereiche und
Gänge wurden mit Linolbelägen und Sockelleisten in
Buche ausgestattet; Stiegenhäuser, sowie die
Erdgeschoßzonen der Vorgelege erhielten Terrazzobelag. In
den Stiegenhäusern gibt es dem Bestand folgend generell
Wischsockel in Standölanstrich, ansonsten ist der Sockel im
Bodenmaterial ausgeführt. Wo der Bestand es erlaubte, wurden
Stabparkettböden raumweise erhalten. In der Aula und in der
ehemaligen Kapelle konnten aufwendigere Lösungen in Stein
bzw. als Holzboden mit Fußbodenheizung realisiert
werden.
Das Farbkonzept der Bodenbeläge sah für Linol und
Terrazzo aufeinander abgestimmte grüne und rote Varianten
vor, die innerhalb der orthogonalen Traktstruktur jeweils
für eine Hauptrichtung stehen - Rot für die Richtung
N-S, Grün für die Richtung O-W. Dies ordnet den
Richtungsänderungen an den Traktschnittstellen ein lapidares
farbiges Strukturmerkmal zu. Die Beläge der in den
Höfen freistehenden Gebäude sind folgerichtig in
neutralem Grau gehalten.
Die WC-Bereiche erhielten einen neutralen pflegeleichten
Steinzeugboden mit griffiger kleiner Plattenteilung und farbigen
Wandfliesen, die traktbezogen jeweils die komplementäre
Farbe des Bodenbelags zeigen. Die Fliesenteilung wurde auf Bund
verlegt, um die zahllosen Unregelmäßigkeiten des
Bestands leichter zu überspielen, und um bei der
Sanitärgeräteausteilung nicht vollends ästhetisch
zu scheitern. Die WC-Kabinentrennwände sind ebenfalls
kostenoptimiert in einfachster Standardkonstruktion in neutralem
Mittelgrau ausgeführt.
Die Stahlkonstruktionen wurden mit Bezug auf die haptische
Qualität der historischen Elemente mit Vollprofilen
entworfen und einheitlich in Anthrazitgrau seidenmatt gestrichen.
In Stiegenhäusern und bei den Außenanlagen sind
Stabgeländerkonstruktionen teilweise mit Holzhandläufen
eingebaut. In Bereichen der Bibliotheksgalerien kamen
Geländer mit Gitterfüllung und Stahlstiegenelemente in
einfachster Profilkonstruktion, beide mit reelingartigem Handlauf
und Trittstufen - alles in Buchenholz - zur Ausführung.
Soweit es nutzerseitig zugelassen wurde, konnten
Oberlichtbänder in die neuen nichttragenden Gangwände
in Gipskarton-Ständerbauweise eingebaut werden. Neben den
verbesserten Belichtungsverhältnissen in den erneut
kleinräumig aufgeteilten ehemaligen Bettensälen wurde
durch die eigens entwickelte Konstruktion der Oberlichten der
konstruktive Unterschied zu den Mauerwerkswänden lesbar
gemacht. Im Bandbereich des Oberlichts läuft die tragende
Ständerkonstruktion ungestört sichtbar durch,
sodaß die membranartige Bespannung mit raumbegrenzenden
Gipskartonschalen visuell sinnfällig wird. Horizontale
Abschlußleisten betonen die Schlitzartigkeit der stumpf
gestoßenen Bandverglasung.
Sämtliche neue Türzargen sind für stumpf
einschlagende Türblätter in Vollbauweise gerichtet, die
bei den großen Raumhöhen im Regelfall mit einem
Anhängeoberlicht ausgestattet sind. In Fluchtwegen finden
Stahlrahmentüren mit Drahtspiegelglasfüllungen
Anwendung. Sämtliche Innentüren und -fenster wurden
weiß beschichtet.
Die haustechnischen Systeme und Elemente sind architektonisch
als eine nachträglich dem Gebäude zugewachsene
Nutzungsschicht interpretiert. Entsprechend den Planungsvorgaben
und der Kostensituation wurden die Leitungstrassen im Regelfall
frei sichtbar geführt und mittels eines grauen Anstrichs vom
Grund der weißen Wände optisch abgesetzt. Die dabei
entstandenen netzartigen Zeichnungen auf dem Untergrund des
historischen Bestands assoziieren die graphische Wirkung von
Halbleiterplatinen und können auf anekdotische Weise den
Hinweis auf eine zunehmend mit Medien vernetzte Gesellschaft
geben. Die detaillierte Beschreibung der haustechnischen
Komponenten ist im Kapitel Gebäudetechnik nachzulesen.
Gebäudestrukturen
Im Umgang mit dem Baukörper des Gesamtkomplexes war die
Gliederung nach hofumstellenden Trakten und Bauetappen im Zuge
der Strukturrecherche als übergeordnetes Strukturmerkmal
herausgearbeitet worden. In der Folge wurde als erster
entwerferischer Ansatz eine Traktprofiltypologie erstellt. Mit
diesen Profilbildern konnte mit Bauherrschaft und Nutzern bereits
in sehr früher Phase der Planung ein weitreichender Konsens
über das endgültige Erscheinungsbild des inneren Umbaus
erzielt werden. Diese bildhafte Notierung ging weit über die
zweidimensionalen Flächennachweise der ihrerseits komplexen
Nutzflächenoptimierungen hinaus und ermöglichte es
für die weitere Planung, eine Vielzahl von
Grundsatzentscheidungen auf allen architektonischen Ebenen
dauerhaft zu binden.
Ausgehend vom Typus des Bettentrakts, als saalartige,
einraumtiefe Baustruktur, wurden Basistypen für die vom
Nutzer gewünschte Zellenorganisation der Institutsbetriebe
ausgearbeitet. Es konnten folgende Typen isoliert werden:
• Raumprofil Typ A/ Decke eben
Seitengang mit einhüftiger Erschließung
• Raumprofil Typ B/ Decke eben
Mittelgang mit zweihüftiger Erschließung
• Raumprofil Typ C/ Decke gewölbt
Seitengang mit einhüftiger Erschließung
Eine Mittelganglösung bei gewölbten Räumen
wurde ausgeschlossen. Auf der strukturell untergeordneten Ebene
wurden Ausstattungsdetails erfaßt. Hauptelemente waren die
Lichtführung im Inneren mittels Oberlichtbändern, das
Festlegen von vereinheitlichten Grundstrukturen für das
Beleuchtungs- und Verkabelungssystem nach Nutzungsgruppen,
für das Heizungssystem, für das Orientierungsystem
sowie die Ausgestaltung von Boden-, Wand- und
Deckenoberflächen. Innerhalb dieser Basisstruktur konnten
sämtliche Institutsräume einschließlich kleiner
Seminarräume typologisch in ihrem Erscheinungsbild fixiert
werden, ohne zu diesem Zeitpunkt bereits flächendeckende
Detailinformationen zum Bestand zur Verfügung zu haben.
Weitere Raumprofile wurden für die
Fachbibliotheksbereiche ausgearbeitet. Die Bibliotheken wurden in
Abstimmung mit den Betreibern aus raumökonomischen und
funktionellen Gründen im Gegensatz zu den übrigen
Bereichen mit neu eingebauten Galerien ausgestattet. Bei einer
Raumhöhe von etwa 5 m konnten Zwischendecken in Stahlbeton,
und - wo Sekundärkonstruktionen notwendig wurden - in
einfachen Stahlprofilen ausgeführt werden. Es wurden 2
Profiltypen erarbeitet:
• Raumprofil Typ D/ Decke eben
teilweiser Einbau eines Galeriegeschosses im
Bibliothekslesebereich
• Raumprofil Typ E/ Decke eben
trakttiefer Einbau eines Galeriegeschosses im
Bibliotheksspeicherbereich
Bis auf wenige Ausnahmen, wo wegen der Fluchtwegsituation die
Galeriestützkonstruktion feuerbeständig in
Stahlbetonsäulen ausgeführt werden mußte, konnten
sämtliche Fachbiblioteken diesen Typenblättern folgend
bearbeitet werden.
Nachträglich ist allgemein festzustellen, daß die
frühzeitig mit der Bauherrschaft abgestimmten
Raumprofilbilder über alle Planungs- und
Ausführungsphasen hinweg als gestalterischer Leitfaden
über 7 Jahre standhielten und damit wesentlich zu einer
durchgängigen Planungs- und Ausführungsleistung
innerhalb dieses 10 Hektar großen Baukomplexes
beitrugen.
Konstruktion
Die baustrukturelle Standardsituation im Bereich des Bestandes
bildet der einraumtiefe Bettentrakt in 1- und 2-stöckiger
Ausführung. Die Decken der Säle sind Flachdecken oder
Gewölbe, die die Lasten in die Außenwände
abtragen. Dies wurde bereits im Zuge der Bestandsbeschreibung
eingehend typologisch betrachtet.
Die von den Bettentrakten abweichenden Sondertrakte des
ehemaligen Spitalbaus können ausgehend von ihrer
konstruktiven Struktur in 2 Typen gegliedert werden:
• Gebäudetrakte mit drei längslaufenden
Konstruktionsachsen.
Diese Gebäudeteile gliedern ihre innere konstruktive
Struktur nach dem funktionellen Konzept einer einhüftigen
Erschließungsstruktur. Diese Art ist in Hof 1/ Osttrakt,
Hof 3/ Ost- und Westtrakt und abschnittsweise in Hof 7/ Osttrakt
vorzufinden. In diesen Bereichen war es nur notwendig, auf der
vorhandenen Struktur aufbauend, die Raumteilung durch teilweises
Umstrukturieren der nichttragenden Querwände dem Raum- und
Funktionsprogamm anzupassen. Die Ebene der Ausstattungsdetails
wurde übernommen, wobei im Bereich von
Mezzaningeschoßen, wie in Hof 3/ Ost- und Westtrakt, wegen
der geringen Raumhöhe in Verbindung mit Gewölbedecken
die offene Führung von Kabeltassen zu Gunsten von
Unterputzlösungen und Bodenkanälen nicht angewandt
wurde.
In wenigen Ausnahmefällen, die laut Bundesdenkmalamt zu
den ältesten Gebäudeteilen der Anlage zählen (es
wurden bis ins Mittelalter zurückreichende
Diamantgewölbe im Nordtrakt des Hof 7 diagnostiziert), wird
die 3. Konstruktionsachse im Firstbereich geführt. Dies
kommt nur kleinräumig, als Wand und Pfeilerkonstruktion vor
und bildet innerhalb des Trakts mit anderen Strukturen ein
Mischsystem, das auch in den einzelnen Geschossen teilweise
wechselt. Diese Bereiche sind der Nord- und Südtrakt des Hof
7.
• Gebäudetrakte mit 4 längslaufenden
Konstruktionsachsen.
Bedingt durch größere Trakttiefen wurden in wenigen
Sonderfällen des Bestands 3-schiffig gewölbte
Großräume angelegt, die entsprechend ihrer
ursprünglichen Nutzung teilweise über Pfeiler oder
Wände ihre Lasten im Inneren abtragen. Dies trifft auf das
ehemalige Direktionsgebäude in Hof 1, und in Abschnitten auf
den Nord- und Osttrakt des Hof 7 zu. Für diese Räume
wurde programmatisch die Erhaltung beziehungsweise die
Herstellung der primären Raumstruktur festgelegt und mit dem
Raum- und Funktionsprogramm zur Deckung gebracht.
• Raumprofil Typ F/ Decke gewölbt
Hallentypus mit Pfeilerstellung, Bibliotheksbereich
Bei den Ausstattungsdetails wurden gegenüber der
Standardannahme keine Zwischenwände vorgesehen, Kabeltrassen
nur unter Putz oder in Bodenkanälen verlegt und die
Grundbeleuchtung um eine indirekte Deckenbeleuchtung als
Akzentbeleuchtung ergänzt.
Vorgelege
Damit werden die Zubauten benannt, die einer Außenwand
als 2. Schicht vorgestellt werden. Die relativ geringe Nutztiefe
von ca. 8 Metern des Großteils der Bestandsgebäude
machte es im Zuge des funktionellen Gesamtkonzeptes in 2
Bereichen des Gebäudekomplexes notwendig, hofseitige
Zubauten vor die Fassade zu legen. In Hof 1 ist dies bereits
baugeschichtlich an der Südfassade erfolgt, wie eingangs
erwähnt. Im Gutachterverfahren wurde ohne genaue Kenntnis
eines Funktionskonzepts die Verwendung von Vorgelegen in Hof 1
als leichte filigrane Konstruktion vorgeschlagen. Eingehausten
Pawlatschengängen gleich, sollten sie die
Erschließungszone aufnehmen und auf Hofniveau gut
einsehbare Geschäftsflächen beherbergen. Die Vorbauten
kamen jedoch einerseits wegen abweichender Vorstellungen zum
funktionellen Konzept des Bauherrn und andererseits durch
denkmalpflegerische Bedenken in Hof 1 nicht zur
Ausführung.
Für den Hof 2, 8 und 9 konnten die aus dem
Gutachterverfahren vorgeschlagenen Vorgelege in die weitere
Planung übernommen und im Zuge des anschließenden
Vorentwurfs mit dem Raum- und Funktionsprogramm abgestimmt und
zur Deckung gebracht werden.
Für Hof 2 wurde, eine gangartige 2-geschossige
Erschließungsschichte der Ost- und Westfassade vorgestellt.
Simple Stahlbetonrahmenkonstruktionen mit Plattendecken stehen in
querschnittoptimierter Stützenstellung im Rhythmus
angepaßt vor der Bestandsfassaden. Die Einhausung erfolgte
mit transparenten Wandelementen in Pfostenriegelkonstruktion aus
Stahlprofilen mit horizontal differenzierten
Glaselementbändern gebildet, deren Absorptions- und
Reflexionsverhalten bauphysikalisch wie optisch unterschiedlich
zusammengesetzt und aufeinander abgestimmt wurde. Zu den Hofecken
hin konnten die Vorgelege durch das Einfügen eines in
Höhe und Gebäudetiefe kleiner dimensionierten
Einschubelements abgesetzt weden, um die durch die Kontur des
Hauptgesims artikulierte Hofdimension auch weiterhin lesbar zu
halten. Die Einschubelemente sind mit naturgrauen
großformatigen Faserzementplatten bekleidet, die den
haptischen Übergang von den rauhen Putzflächen des
Bestands zu den beschichteten Metallflächen und
spiegelglatten Gläsern herstellen. Die beiden Stirnseiten
der symmetrischen Vorgelege sind an den südseitigen Enden
der kammartigen Hofbebauung um die erste Fensterachse
zurückgesetzt, um den räumlichen Eindruck der
Gebäudeschichtung zu erhöhen.
Bei der entwerferischen Feinabstimmung der sich
gegenüberliegenden Vorgelege in Hof 2 kam zu Tage, daß
im westseitigen Trakt durch den Einbau eines Hörsaals die
bauliche Struktur auf die halbe Traktlänge gestört war
und die Decken in diesem Bereich um ca. 60 cm angehoben waren.
Die Vorgelege wurden in der Folge, von außen gesehen gleich
entwickelt, die Decken der Zubauten über dem
Erdgeschoß aber wegen der Bestandsniveaus in
unterschiedlicher Höhe ausgeführt. Beim
ungestörten Osttrakt läuft das Obergeschoß von
Alt auf Neu niveugleich durch und die Parapethöhe wurde
wegen der Fassadensymmetrie etwa um 30 cm angehoben, während
im Westtrakt, der bereits durch den Hörsaaleinbau im
Obergeschoß eine Störung des Fußbodenniveaus
erfahren hatte, das Niveau des Vorgeleges als Mittellage diese
Thematik aufnimmt und den Differenzausgleich zu den vorgefundenen
Bestandniveaus einmal mit 2 Stufen aufwärts, dann mit 2
Stufen abwärts herstellt. Die Parapethöhe entspricht
hier der Standardhöhe. Gleich und doch nicht gleich - eine
architektonische Interferenz !
Im Bereich des Osttrakts von Hof 2 mußte das Vorgelege
zwischen den freigelegten Hörsaalbau eingeschoben werden,
wobei ein später möglicher Abbruch des kleinen
Hörsaalgebäudes und sein Austausch gegen einen
Großhörsaal für 500 Personen eine
Planungsvariante darstellte, die jedoch vorerst an den
Investitionskosten scheiterte. Die Anschlußpunkte des
Vorgeleges zum Hörsaalbau sind in ihrer Struktur so
konzipiert, daß das Schließen der Fassade im
modularen System möglich ist.
In den Höfen 8 und 9 wurde ebenfalls bereits im
Gutachterverfahren zur Erhöhung der Nutzflächen der
Anbau von Vorgelegen vorgesehen. Hier in den Höfen der
ersten großen Erweiterung von 1834 sollten durch Vorlegen
von büroraumtiefen Sekundärtrakten die Ost-West-Trakte
in den beiden Obergeschossen zu einer zweihüftigen
Bürostruktur umorganisiert werden und sollte die
neugewonnene Erdgeschoßzone eine großzügige
Pausenzone vor den dort konzentrierten Seminarräumen
ermöglichen. Baustruktur und Fassadenhülle waren bis
auf die Bautiefe und die Geschoßanzahl mit der in Hof 2
gleich. Im Gutachterverfahren, noch in Unkenntnis der neuen
Grundstücksgrenzen gegenüber dem Bauplatz der
ÖNB-Erweiterung, wurden die Vorgelege jeweils an den
Nordfassaden an den Bestand angelagert. Dies sollte neben
Besonnungsaspekten auch ein strukturell wirksames Ausgreifen des
Gesamtkomplexes in den urbanen Umraum signalisieren. Im Zuge der
Beauftragung zeigte sich jedoch, daß sich im Bereich des
neuen Betriebsgeländes des ÖNB-Neubaus der
öffentliche Raum lediglich auf die bestehende Garnisongasse
beschränkt und durch den minimalen Bauwich von 3 m dieses
Konzept nicht weiter verfolgbar war.
Die Vorgelege wurden in der Folge auf die Innenhöfe hin
ausgerichtet und diesen parallel eingestellt. Die an sich durch
das annähernd quadratische Geviert und die höhere
Bebauung gegebene räumliche Präsenz dieser beiden
Höfe erfährt durch das gerichtete Vorlegen der
transparenten Bauteile zusätzliche Spannung aus dem
Verhältnis von Alt und Neu.
Es entsteht ein neuer Gesamteindruck, wenn der im Bereich
Garnisongasse und Rotenhausgasse nach außen in den
Stadtraum als hellstrahlender Block wirkende klassizistische
Baukomplex der Höfe 8 und 9 im Hofinneren über die
transparenten, farbig akzentuierten und textil beschatteten
Einbauten die Intimität eines urbanen Innenraums suggeriert.
An schönen Sonnentagen wird das Außen und Innen als
eine räumliche Einheit genutzt. Bilder aus dem sommerlichen
Englischen Garten in München werden wach, Seminargruppen
wandern mit den Stühlen unter freiem Himmel, es wird im Gras
liegend diskutiert, gelesen, gesonnt, es fehlen nur (noch) die
Eisverkäufer.
Hier berührt man jenen Aspekt der Anlage, der sich, neben
der gegebenen baukulturellen und denkmalpflegerischen Bedeutung,
als primäre Realität des Gebrauchswerts von Architektur
erschließt. Es ist einfach ein urbanes Faktum, daß
dieses 10 Hektar große Areal mit einer überwiegend nur
einstöckigen Bebauung und seinen ausgedehnten
Freiflächen innerhalb einer nach stetiger Verdichtung und
Ballung strebenden Millionenstadt als deutlich lesbarer
grüner Stadtpartikel wahrnehmbar ist. Daß an diesem
Ort Generationen junger Menschen sich in Sprachen und Kulturen
der ganzen Welt bilden können , ist ein Glücksfall.
Im Zuge des detaillierten Entwurfs wurde nach der Klärung
der höhenmäßigen Ein- und Anbindung der Vorgelege
- auch hier wurden wie in Hof 2 die Ecken der Höfe durch
räumlich zurückgenommene Einschubelemente freigespielt
- die Struktur des Zubaus mit den Altbautrakten abgestimmt. Da
der Duktus der zur Innenwand werdenden Außenwand nicht
verändert werden sollte und nur die Fenster gegen
Tür-Fensterelemte ausgetauscht wurden, war der Rhythmus der
Fassade mit dem eines optimierten Bürorasters zu
überlagern. Wieder eines der strukturellen
Interferenzprobleme!
Aufgrund der Bestandsmaße wurde daher das Büromodul
für die einzelnen Trakte leicht variiert, sodaß eine
einheitlich wirkende, den architektonischen Code des Bestandes
aufnehmende Lösung entstand. Irritationen innerhalb des
Bestands, wie das Ausscheren von Einzel- ementen aus dem
strukturellen Gesamtsystem, pflanzen sich in den Neubaubereich
fort und werden thematisiert. Dies ist beispielhaft am
Konstruktionsraster der Vorgelege zu verfolgen, der, von der
Fassadenstruktur des Bestandes hergeleitet, aus funktionellen
Gründen vor Mauerpfeilern situiert wird. Es gibt jedoch
mehrmals den Fall, daß durch Unregelmäßigkeiten
im Rhythmus der Bestandsfassade die Stützenstellung eine
Öffnung teilt, wobei durch Feinarbeit in der
Strukturabstimmung bei Durchgängen dafür die Mitte
festgelegt wurde.
Bei der Konzeption der leichten vorgehängten Fassade
waren folgende Hauptpunkte zu klären:
• Struktur
Sollte die Vorgelegefassade in ihrer Gliederung der
tektonischen Wirkung der vertikal strukturierten bestehenden
Mauerwerksfassade folgen oder sollte abgesetzt von dieser
Struktur ein membranartiger Eindruck durch Verwendung einer
geometrisch neutralen, abstrakten Fugenteilung als Gegensatz zum
Bestand herausgearbeitet werden?
In Abstimmung mit allen Beteiligten wurde in der Folge ein
komplexes Fassadensystem entwickelt. Es wird durch mittiges
Einfügen des Öffnungsrasters innerhalb der horizontalen
Bandstruktur die Lesbarkeit des Grundmoduls gestärkt, das in
Variation, dreifach übereinander gestapelt, in der
horizontalen Entwicklung eine lineare Reihung erfährt.
Andererseits kann die Strukturierung der Fassade auch horizontal
gelesen werden, was durch die mit unterschiedlichen Gläsern
ausgestatteten Bänder im Zusammenwirken mit dem vorgesetzten
textilen Sonnenschutz unterstützt wird.
• Fassadenkonstruktion
In der vertikalen Entwicklung der Pfostenriegelkonstruktion
der transparenten Fassade sind die einzelnen Bandhöhen von
einem Grundmodul ausgehend rhythmisch in einer
geschoßweisen Wiederkehr mit Variationen gestaltet.
Ausgehend vom Erdgeschoß, wo im Sichtbereich, dessen
Höhe sich am menschlichen Maß orientiert, Klarglas mit
außenliegendem Sonnenschutz verwendet wird, setzt sich
darüber ein Band mit transluzierenden Scheiben fort, deren
Spezialglas einen sehr niedrigen Energieeintrag aufweist und auch
bei direkter Sonneneinstrahlung ein mildes, diffus streuendes
Licht gibt und damit ähnlich den Reflexionsflächen vor
Scheinwerfern in einem Fotoatelier eine gute,
gleichmäßige Ausleuchtung in der Tiefe
begünstigt. Darüber ist ein Band in grün
eingefärbtem hochwirksamen Sonnenschutzglas eingesetzt, das
mit Lüftungsflügeln im Deckenbereich ausgerüstet
wurde. Daran schließt die Brüstungsverglasung des 1.
Obergeschosses aus emailliertem Glas mit raumseitiger
brandhemmender Konstruktion an.
In der Folge wiederholt sich die Bandfolge mit Klarglas,
öffenbarem Fenster und außenliegendem, beweglichem
Sonnenschutz, dann transluzierendem Glasband als Lichtdiffusor
und Oberlichtband mit Sonnenschutzglas, um sich im 2.
Obergeschoß erneut zu wiederholen. Wegen der hier
gegenüber dem Bestand abgesenkten Geschoßhöhe im
Vorgelege entfällt jedoch das abschließende
Oberlichtband.
Bei der bauphysikalischen Bearbeitung wurden die Kennwerte der
Materialien so abgestimmt, daß sowohl die
Wärmedämmwerte (unter Berücksichtigung der passiv
genutzten Sonnenenergie) als auch die Wärmeentwicklung im
Sommer durch ausreichende Speichermassen entsprechend den
Anforderungen der Baunormen nachgewiesen wurden. Mechanische
Systeme zur Lüftung wurden auftragskonform nicht eingesetzt.
Bei den Konstruk- tionselementen selbst fanden einfachste
Standardelemente Verwendung, um den Kostenrahmen einhalten zu
können. Der Sonnenschutz wird durch Sonnen- und
Windwächter traktweise zentral gesteuert; die einzelnen
Markisoletten lassen raumweise eine nachrangig gesteuerte
individuelle Regelung zu. Die beiden Obergeschoße sind
durch nichttragende Gipskartonwände im Modul der
Büroachsen nach den Anforderungen des Raum- und
Funktionsprogramms unterteilt.
Raumstrukturen
Vom vorgegebenem Raum- und Funktionsprogramm der
Universität lassen sich die Hauptgruppen an Raumtypen
ableiten. Diese sind:
• Büroräume einschließlich von
Archivräumen
• Seminarräume
• Institutsbibliotheken mit Lesebereichen und Buchlager
• Sonderräume wie Fotolabor, Buchbinderei, Studios
• Technikräume wie Lan-Räume, Umformerstationen,
Klimazentrale, Traforäume, etc.
• Gänge und Stiegenhäuser
• Naßgruppen als WC´s, Waschräume,
Putzräume, Teeküchen etc.
• Keller als haustechnische Kollektoren, Lagerräume,
Bücherspeicher
• Dachböden für Medienhauptleitungen und teilweise
als Nutzungsreserve
Ernst Kopper geht darauf in seinem Beitrag im Detail ein. Den
überwiegenden Anteil der Funktionsfläche nehmen dabei
Institutsräume ein, die in ihrer Ausstattung
Büroräumlichkeiten entsprechen. Laut Raum- und
Funktionsprogramm bilden 1- 2 Personenzellen den Regelfall.
Im Zuge des Entwurfs wurde versucht, eine flexiblere
Alternative zur kleinteiligen Zellenorganisation eines
Institutsbetriebs aufzuzeigen. Ausgehend von den ehemaligen
Bettensälen im Ausmaß von ca. 150 m², wurde eine
Büroorganisation mit räumlich flexiblen Arbeitsgruppen
und Aktivitätszonen entwickelt, wie sie aus
Büroorganisationen von "thinktanks" hochentwickelter
privatwirtschaftlicher Unternehmungen bekannt sind. Beispielhafte
Bürogebäudekomplexe wie die Zentralverwaltung der
skandinavischen Fluglinie SAS in Stockholm und die neu
errichteten Forschungs- und Entwicklungszentren von BMW und
Siemens in München wurden daraufhin untersucht und das
flexible Gruppenbüro dabei als Grundelement der
Arbeitsorganisation erkannt.
Bei der Büroorganisation in flexiblen Arbeitsgruppen
werden statt stationärer Trennwände umstellbare,
halbhohe, stark schallabsorbierende Wandelemente eingesetzt, die
auf den Schallpegel des Raumes dämpfend wirken. Diese sind
in ein komplettes System von Bürotechnik integriert, das
neben der Möblierung auch den vernetzten Medientransport mit
entsprechenden Schnittstellen und fein abgestuften
Gruppenkommunikationsebenen umfaßt. Eine rasant zunehmende
Anzahl an Bürotechnikherstellern bietet hier bereits
Komplettsysteme an, die so offen konzipiert sind, daß sie
den mittelfristig zu erwartenden Flexibilisierungs- und
Vernetzungsschub standhalten können. Im Bereich der
Investitionskosten ist dabei eine Verlagerung von Hochbaukosten
zugunsten der Einrichtungskosten festzustellen.
Über der Raumgröße eines ehemaligen
Bettensaals konnte in einer typologischen Gegenüberstellung
von Zellenstruktur und Gruppenstruktur die höhere
Flächeneffizienz von Gruppenbüros gezeigt werden.
Exemplarisch wurde dies sowohl für eine einhüftige wie
auch zweihüftige Situation ausgearbeitet.
Die angeschlossene Grundsatzdiskussion mit der
Universität zeigte jedoch, daß die funktionellen und
räumlichen Bedürfnisse im universitären
Institutsbetrieb eine klare Zellenstruktur erfordern. In der
Folge wurde diese auf der Grundlage der architektonischen
Raumprofiltypen wie bereits beschrieben umgesetzt.
Stiegenanlagen
Neben den im Bestand vorhandenen Stiegenhäusern wurde
wegen des notwendigen neuen Fluchtwegekonzepts der Einbau von
zusätzlichen Stiegen notwendig. Dies bedeutete das
Ausschneiden des Bestands an den dafür vorgesehenen Stellen
und die Herstellung der vertikalen Verbindung der angrenzenden
Niveaus. Architektonisch wurden daraus kleine Einzelprojekte
innerhalb des Gesamtprojekts. Das heißt, jede in den
Bestand eingebaute Stiegenanlage grenzt ein beschränktes
Territorium ab, das in Struktur, Raum, Bewegungsfluß und
Sichtbeziehung aus der spezifischen Bestandssituation und der
funktionellen Aufgabenstellung schöpfend, zu einer jeweils
eigenständigen Lösung kommt. Damit wird die
Bestandsvielfalt der Stiegenanlagen fortgeschrieben. Der Formen-
und Strukturkanon von Mauerwerk- und Steinbau wird jedoch nicht
übernommen, sondern es werden die räumlichen und
konstruktiven Möglichkeiten des Stahlbetonbaus genutzt.
Einzeln sollen hier exemplarisch 3 neue Stiegenhäuser
dargestellt werden, die in den Trakten um Hof 8 und 9 eingebaut
wurden.
Stiege 31.1/ Hof 9
Stiege 30.1/ Hof 8
Stiege 33.1/ Hof 8
Gebäudesicherheit und Dienstnehmerschutz
Als baulicher Brandschutz wurden bereits zu Beginn der Planung
mit den Behörden ein neudefiniertes Brandabschnittssystem
ausgearbeitet. Wesentlich war hierbei die Ausbildung der
Stiegenhäuser als eigene Brandabschnitte und eine 2-fache
Fluchtwegmöglichkeit von jedem Aufenthaltsraum aus. Die
durchwegs nur 2 - 3 geschoßige Bebauung und die
großen Raumhöhen waren brandtechnisch positiv zu
bewerten. In den Trakten wurden Feuerlöscher neu ausgeteilt
und eine zentrale Warnsprechanlage installiert. Die
Wasserversorgung erfolgt im Einsatzfall über hofweise im
Bestand vorhandene Hydranten. Bei der Konzeption der
Außenanlagen konnten die Zufahrtsmöglichkeiten der
Einsatzfahrzeuge unter Berücksichtigung der historischen
Anlage mit der Feuerwehr abgestimmt werden.
Bei der Ausarbeitung der neuen Nutzungsstruktur mußte
wegen des geringen Öffnungsanteils der Fassaden und der
teilweise noch aus der Entstehungszeit erhaltenen
Parapethöhen von über 2 m Aufenthaltsräume so
gruppiert werden, daß ein minimaler Umbauaufwand an den
Fassaden entstand. In Problembereichen konnte in den Räumen
baurechtlich, durch Ausweisung von Lagerzonen oder durch Anhebung
des Bodenniveaus auf die mit den Behörden abgestimmte
Mindestparapethöhe von 1,4 m, der behördlich geforderte
Mindestnachweis geführt werden.
Weiters wurde versucht, trotz der baulichen
Unregelmäßigkeit der historischen Anlage einen
Bausubstanz schonenden und doch behindertenfreundlichen Umbau
durchzuführen. Die instandgesetzten bzw. erneuerten
Fußbodenniveaus erlauben nun durch unzählige kleine
Rampen und den zusätzlichen Einbau von Liften fast
ausnahmslos stufenlose Erschließungsebenen.
Fensterbrüstungen wurden bei zu geringen Höhen mit
Haltestangen gesichert. Bei der Ausbildung von Stiegenstufen,
Handläufen und Türgriffen im Fluchtwegbereich kommen
bei Neuherstellung behindertenfreundliche Elemente zum
Einsatz.
Trockenlegung
Im Zuge der Absiedlung des Krankenhauses traten zunehmend
Feuchteschäden des Gebäudes zu Tage, die in einer
umfassenden Untersuchung eines Sonderfachmanns erfaßt und
analysiert wurden. Die bis dahin nicht beabsichtigte
Trockenlegung des Gebäudes führte nach Abschätzung
der Kosten zu einer sachbezogenen Aufstockung des Baubudgets. Die
konkreten Trockenlegungsmaßnahmen wurden in der Folge unter
maßgeblicher Mitwirkung des Bundesdenkmalamts abgestimmt
und zu folgendem Maßnahmenbündel
zusammengefaßt:
• Sanierung der defekten Kanal- und Sanitärleitungen.
• Sanierung der Außenanlagenniveaus mit
Gefällerichtung weg vom Gebäude.
• Abschlagen der Putze im Trockenlegungsbereich mit
nachgeschalteter definierter Abtrocknungsphase.
• Ausbildung eines hinterlüfteten Sockels zur Abdampfung
von Restfeuchte bzw. aufsteigender Feuchte.
• Abdichtungsmaßnahmen am Mauerwerk, je nach
Randbedingungen als mechanische Durchtrennung oder als chemische
Verkieselung.
• Abdichtung im Bodenbereich bei erdberührenden Bauteilen
im Erdgeschoß.
• Einsatz eines Sanierputzsystems im Gebäudeinneren mit
einer Regelhöhe von 2,5 m.
Im laufenden Abstimmungsprozeß wurden darüber
hinaus Zonen festgelegt, in denen aus denkmalpflegerischer Sicht
Durchtrennungsmaßnahmen und der Einsatz von Sanierputz
nicht zugelassen wurden. Zusätzliche Dränagierungen im
Fundamentbereich kamen hier zur Anwendung. Der hinterlüftete
Sockel wurde dem Bestand nachempfunden in Kunststein
ausgeführt, nachdem dessen größere
Dauerhaftigkeit gegenüber der alternativen Steinprobe von
Sonderfachleuten festgestellt wurde.
Gebäudetechnik
Das gestalterische Konzept bezieht die omnipräsente
Vernetzung im gebäudetechnischen Bereich durch weitestgehend
standardisierte Lageangaben und Regeldetails sowie eine dezente
mittelgraue farbige Abhebung der technischen Elemente vom
Weiß des Bestandsbaus in das architektonische Programm mit
ein. In der Überlagerung mit unzähligen
unterschiedlichen Bestandssituationen des Gebäudekomplexes
bildet sich im Hintergrund der Wahrnehmung ein vielschichtiges
Bild von die gesamte Anlage vernetzenden Grundelementen ab. Wegen
der historischen Räume, die eine Leitungsführung hinter
Zwischendecken oder Vorsatzschalen architektonisch und
kostenmäßig nicht erlaubten, werden die
haustechnischen Netze im Regelfall in einer dem Bau vorgelagerten
Ebene frei sichtbar, als Hinzufügung geführt, gezeigt.
Aus Kostengründen wurden als Regelfall wegen der
großen Raumhöhen bei intensiven Installationsbereichen
nur im direkten Nutzbereich von ca. 2,20 m Höhe mit
Vorsatzschalen gearbeitet. Darüber sind die Leitungen
sichtbar oder weisen lediglich fallweise eine
Brandschutzverkleidung auf. Ausgenommen sind davon mit dem
Bundesdenkmalamt abgestimmte Sonderzonen, wo die notwendigen
Installationen nach im Detail festgelegten Konzepten optisch
ausgeblendet wurden. Mit der Haustechnikplanung wurden von den
definierten Raumtypenblättern ausgehend Regeldetails
entwickelt und architektonisch abgestimmt.
Heizung - Klima - Lüftung - Sanitär
Durch den vorgegebenen Kostendruck wurde die weitgehende
Erhaltung und Übernahme der HKLS-Systeme aus dem
Spitalsbetrieb zu Beginn des Projekts als Zielvorgabe für
das Planungsteam formuliert. Nach den daraufhin erfolgten
Bestandsaufnahmen, Funktionsprüfungen und Kostenanalysen
mußte festgestellt werden, daß trotz eines
vorangegangenen funktionstüchtigen Spitalsbetriebs im Zuge
der sich über Jahre hinziehenden Absiedlung ein dynamischer
Verfalls- und Ausfallsprozess einsetzte, der zum Teil auch im
Nachlassen der Inves-titionsfreude des Spitalserhalters zu sehen
ist. Weiters wurden schrittweise die enormen Betriebskosten der
alten Anlage erkannt. Kosten-Nutzen-Rechnungen führten
schließlich dazu, daß der Großteil der
HKLS-Systeme exakt den neuen Bedürfnissen angepaßt
dimensioniert wurde, was im Regelfall eine Reduktion
bedeutete.
Heizung
Die Heizungsleitungen wurden in der Folge neu auf Putz
entsprechend den Richtlinien für Bundeshochbauten verlegt.
Die Bestandsheizkörper wurden überprüft, mittels
Druckprobe getestet und bei Entsprechung wieder verwendet. Ein
erheblicher Teil wurde jedoch aufgrund des Zustands ausgetauscht.
Im Bauverlauf zeigte sich, daß trotz vorgenommener
Elementprüfungen bei der Wiederverwendung Materialversagen
mehrfach auftrat, das erhebliche Wasserschäden
verursachte.
Klimaanlage
Die Klimaanlagen des Großkrankenhauses, die aufgrund der
gewachsenen Struktur dezentral organisiert waren, wurden alle
nicht weiterverwendet, großteils demontiert und die
baulichen Srukturen nach Maßgabe der finanziellen Mittel
wieder instandgesetzt. Das Universitätscampus wurde nur mit
einer Klimaanlage im Trakt zwischen Hof 2 und 7 im Dachbereich
ausgestattet, welche die Konditionierung der mit
größerer Wärmeentwicklung belasteten
audiovisuellen Seminarräume und Studios zu
gewährleisten hat.
Lüftungsanlagen
Die mechanischen Lüftungsanlagen beschränken sich
fast ausschließlich auf WC-Anlagen und innenliegende
Räume, deren Abluft mit Sammelleitungen und
Gruppenventilation über Dach geführt wird. Durch die
geringen Trakttiefen wird der Großteil der Räume
über Fenster direkt natürlich belüftet.
Sanitärelemente
Die Sanitärbereiche der Anlage mit ihren notwendigen
Installationen bilden einerseits die Flexibilität der
Nutzung einschränkende Fixpunkte und andererseits sind sie
wegen des erhöhten Ausstattungsgrades als Kostenfaktor zu
beachten. Kernpunkt wurde die Frage, ob die Erhaltung und
Weiterverwendung der zahlreich vorhandenen Naßbereiche des
Spitals für den zukünftigen Betrieb wirtschaftlich und
funktionell sinnvoll ist. Aufgrund von detaillierten
Teilbereichsplanungen mit einhergehenden Zustandsuntersuchungen
konnten schließlich folgende Aussagen getroffen werden:
• Der Großteil der Sanitärinstallationen setzt sich
aus unterschiedlichen Bauetappen zusammen, mit nachweisbaren
Schwachstellen vor allem an deren Schnittstellen.
• Die Lage der Spitalsnaßgruppen ist für eine
optimierte Funktions- und Flächenplanung hinderlich und
führt zu nachteiligen funktionellen Zusammenhängen und
einem etwas größeren Flächenverbrauch.
• Der Erhalt einer Naßgruppe ist nur bei weitgehendem
tatsächlichen Bestandserhalt der gesamten Einheit
wirtschaftlich vertretbar.
Auf dieser Grundlage wurde der Großteil der
Naßräume neu ausgeführt. Der
Ausführungsstandard sieht kostengünstige
Gruppen-WC´s mit Waschplätzen und türhohen
WC-Kabinentrennwänden vor, denen Behinderteneinheiten
räumlich getrennt zugeordnet sind. Aus wirtschaftlichen
Detailüberlegungen wurden teilweise Standorte trotz
Komplettaustausches der Ausrüstung beibehalten, was manchmal
durch kleine funktionelle Schwächen erkauft wurde. Die
gestalterische Komponente auf der Ebene der kostenoptimierten
Standardprodukte beschränkte sich auf Farbangaben im Rahmen
des Gesamtgestaltungskonzepts und auf Regelangaben für die
Fliesenausteilung.
Da im Universitätscampus der Wasserverbrauch
überwiegend im Brauchwasserbereich (für WC- Anlagen,
Außenbewässerungen etc.) liegen wird, wurde aus
ökologischer Sicht ein Wasserleitungstrennsystem
überlegt. Brauchwasser hätte aus vorhandenen
historischen Brunnenanlagen, die bereits die ursprüngliche
Versorgung der Anlage übernommen hatten und die im Zuge der
Bestandsaufnahmen wieder gefunden wurden, oder auch aus dem in
großen Mengen anfallenden Pumpenwasser, das laufend im
Fundamentbereich des Neuen AKH anfällt, verwendet werden
können. Letztlich führte der enge Kostenrahmen zu einer
einheitlichen Versorgung aller Verbrauchsstellen mit Trinkwasser.
Die Warmwasserbereitung erfolgt dezentral, standardisiert mit
Untertischelektrospeichern.
Abwasseranlage
Hier entwickelte sich die Planung in Analogie zur
Sanitärplanung. Ausgehend von einer Bestandssanierung der
Kanalanlage zeigte sich mit zunehmender Einarbeitung der
weitgehend schlechte Zustand des Bestandes. In der Bearbeitung
der zum Teil historischen Kanalanlagen mit gemauerten Profilen,
die zum Teil in beträchtlichen Tiefen lagen, wurden nach
eingehender Kostenanalyse die Zielvorgaben korrigiert und ein
neues Kanalnetz geplant. Diese Entscheidung hatte auch
Einfluß und Folgewirkung auf die Entscheidungsfindung bei
den Naßräumen zugunsten einer Neuherstellung.
Elektroinstallationen
Ausgehend von 3 Trafostationen am Gelände des
Universitätscampus wird die Starkstromversorgung der Anlage
verteilt. In diesem Zusammenhang ist es durch Zusammenarbeit
aller beteiligten Stellen gelungen, die Trafostation in der
Bauhülle der ehemaligen Synagoge in Hof 6 aufzulassen und
abzusiedeln.
Im Schwachstrombereich ist die Campusanlage in das komplexe
Kommunikationsnetz der Universität Wien eingebunden worden.
Eine große Parabolspiegelantennenanlage für
radiotechnischen Satellitenanschluss steht am Dach des Nordtrakts
von Hof 8. Innerhalb des Gebäudes übernehmen an
Konsolen frei sichtbar geführte Kabeltassen den
Großteil der Trassierung von Stark- und Schwachstrom sowie
EDV-Leitungen. Der zu erwartende Anstieg des Vernetzungsgrades
ist bei der Dimensionierung der Kabeltrassen berücksichtigt.
Die eingesetzten Elemente kommen alle aus dem Low-cost-Bereich
der Industriegebäudeausrüstung.
Wegen der Bestandssituation der Fensternischen wird zur
Raumversorgung ein Sockelkanal gewählt, der auch bestehende
Heizkörper wegen der geringen Bauhöhe von nur 8,5 cm
unterfahren kann. Die Tiefe der Nischen ist mit einer
Trockenbaukonstruktion auf die Oberkante des Sockelkanals
angehoben, sodaß der Bodenbelag durchgängig
ausgeführt werden konnte.
In mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmten Bereichen, die
verstärkt denkmalpflegerisch zu berücksichtigen waren,
wurden elektrische Leitungstrassen auch unter Putz geführt.
Abgehängte Decken zur unsichtbaren Aufnahme von HT-Leitungen
waren aus Kostengründen, aus denkmalpflegerischen
Gründen und aufgrund architektonischer Absicht nicht
gewünscht, was bis auf wenige, bautechnisch begründete
Fälle, die zumeist ein Weiterführen einer bereits
vorhandenen Situation betrafen, durchgehalten werden konnte.
Beleuchtung
Für das Beleuchtungskonzept waren folgende Punkte
gestalterisch maßgeblich:
• Eine weitgehend einheitliche Lichtebene innerhalb der
Geschosse, durchgängig über die ganze Anlage.
• Die Wahl eines Beleuchtungssystems für die
Nutzflächen, das auf einer standardisierten Tragkonstruktion
das gesamte Spektrum der Beleuchtungsanforderungen durch ein
typisiertes System an Leuchten in Baukastensystem abdeckt.
• Die Integration der Gangbeleuchtung in das Tragsystem der
Kabeltassen und im Gegensatz zu der Lichtebene der Nutzräume
mit einer rhythmisierenden Lichtfiguration.
• Das formale und beleuchtungstechnische Herausnehmen der
Stiegenhäuser und historisch weitgehend erhaltener Bereiche
durch Verwendung von im Typus vorgefundenen
Kugelhängeleuchten und linsenförmigen Wandleuchten aus
opakem Glas.
• Die Verwendung von additiv zuschaltbarer Akzentbeleuchtung
im Bereich von gewölbten Räumen mit
Öffentlichkeitswirkung.
Da zum Zeitpunkt der Beleuchtungsfestlegungen noch keine
detaillierte Möblierungsplanung bestand, wurde diese unter
Berücksichtigung eines geforderten allgemeinen
Möblierungsnachweises möglichst neutral für eine
gleichmäßige und effiziente Ausleuchtung konzipiert,
die im Zuge der Anpassung an die konkrete Einrichtungsplanung nur
geringfügig angepaßt werden mußte.
Als Tragsystem der Nutzflächenbeleuchtung wurden
vorinstallierte Tragschienen in Standardweise gewählt, die
an Seilkonstruktionen flexibel abgehängt werden konnten und
so die zahllosen unterschiedlichen Deckensituationen des
Gebäudekomplexes bewältigbar machten. In das
Tragsystem, das standardweiß beschichtet ist, kann flexibel
eine Palette von ebenfalls weißen Einzelleuchten integriert
werden, die von ihrer Leuchtenkonzeption von Arbeitsleuchten
für EDV-Plätze über Leuchten mit "mildem Licht"
bis hin zur einfachen Lagerleuchte in Leistungs- und
Preiskategorien abgestuft sind.
Die Gangleuchten mit Sparleuchten als Leuchtmittel sind
figurierend konzipiert, was heißt, daß im Lichtraum
lesbar Hell-Dunkel-Rhythmen geschaffen werden, was die
räumliche Wahrnehmung besonders bei in die Tiefe
führenden Räumen erhöht, und reziprok die für
die selbe Sehleistung benötigte Energiemenge verringert. Die
Leuchte wurde so entworfen, daß neben der reinen
Lichtleistung einerseits durch Zeigen des Leuchtmittels mit einer
Lochblechabdeckung und andererseits durch das Ausbilden eines
Lichtschlitzes zwischen Reflektor und Leuchtenkopf die Leuchte
selbst zum Lichtobjekt wird, das in der linearen Austeilung
entscheidend zur Distanzabschätzung beiträgt. In der
Farbgestaltung wurden sie dem Kabeltassensystem in einem
neutralem Hellgrau angepaßt, sodaß das Gesamtsystem
vor den weißen Wänden als ariadnischer Faden sowohl
durch die Tiefe des Raums als auch in ein alles vernetzendes 21.
Jahrhundert führt.
Außenanlagen
Mit der Schenkung des Alten AKH wurden der Universität
auch über 7 Hektar Außenanlagen mit Wegen, Wiesen und
Baumbestand in zentraler Lage der Stadt überantwortet. In
den letzten Jahrzehnten der Spitalsnutzung erfuhren diese eine
die Zusammenschau vernachlässigende Pflege, deren
haupsächliches Ziel die Entschärfung der Folgen des
immensen Stellplatzbedarfs des Großkrankenhauses war. Von
Anbeginn war den Architekten die große Chance bewußt,
im Zuge der Umnutzung des Areals an die historischen Dimensionen
der Außenanlagen anzuknüpfen und neben der Adaptierung
der Gebäude auch die ausgemergelten Außenanlagen zu
reorganisieren und den heutigen Bedürfnissen einer
Großstadt anzupassen. Erste Konzepte wurden bereits unter
Beiziehung von Grünraumexperten in der Vorstudie gemacht;
die Ergebnisse des Gutachterverfahrens und in der Folge der
Vorentwurf unseres Architektenteams bauten darauf auf. Das
Problem in der Umsetzung lag jedoch in der Budgetierungstruktur
der Aufgabe. Die beschränkten Mittel, die eine
Generalsanierung nicht vorsahen, waren vordringlich für die
Umsetzung des bestellten Raum- und Funktionsprogramms des
Studienbetriebs einzusetzen. Darüber hinaus vorhandene
Gelder waren für die teilweise Sanierung der
Gebäudehüllen zweckbestimmt.
Aus dieser Konstellation heraus wurde der
außergewöhnlich hohe Anteil an Grünflächen
bezogen auf die Nutzfläche zur unnötig
kostenverursachenden Last, die trotz immensen planerischen
Einsatzes kaum bewältigt wurde. Architektonisch konnten nur
die Höfe 8 und 9, wegen des Einbaus der Vorgelege und der
dadurch notwendigen Veränderung des Hofniveaus befriedigend
umgesetzt werden. Für alle anderen Höfe war wegen der
Kosten-situation die Devise der Bestandserhaltung ausgegeben,
sodaß trotz vorhergesehener weitreichender
zerstörender Auswirkungen auf den Bestand durch das laufende
Baugeschehen, inhaltlich nur die Neuherstellung des alten
Zustands als Zielvorgabe zu akzeptieren war. Oder wie in Hof 7
angesichts der Auswirkungen des Kanalbaus und der
Baustelleneinrichtung nur eine unverbindliche, formale
Reparaturlösung möglich wurde.
Einen Sonderfall bildet die ca. 3,5 Hektar große
Außenanlage des Hof 1, dessen Grünflache nach den
Umbauarbeiten laut Schenkungsvertrag als Naherholungsfläche
der angrenzenden Bewohner in die Erhaltung der Stadt Wien bzw.
des 9. Bezirks übergeht. Im Spannungsfeld von kommerziellen
Nutzungswünschen, stadtbilderhalterischen Vorstellungen,
grünraumpflegerischen Besorgnissen, der legistischen
Ausklammerung des Denkmalschutzes und einem winzigen Baubudget
konnte das Ergebnis nur hinter den ursprünglichen
Vorstellungen, wie sie bereits im Leitkonzept ausformuliert
wurden, zurückbleiben. Was bleibt, ist ein
außergewöhnlich großer zusammenhängender
Grün- und Erholungsraum der sowohl von der Universität
als auch von der angrenzenden Bevölkerung zu ohne Barrieren
zu nutzen ist.
Kindertagesstätte
Im Zuge des Gesamtprojekts wurde auch die Planung einer
Kindertagesstätte für Kinder der Angestellten und
Studenten von der Universität Wien beauftragt. Diese sieht 4
Kindergartengruppen, eine Tagesbetreuungsgruppe, einen
Bewegungsraum und die erforderlichen Zusatzräume vor. Als
Bauplatz dient der nördlichste Zipfel des Schenkungsareals,
auf dem derzeit noch desolate Werkstättengebäude
stehen, die direkt an den Narrenturm angrenzen. Wegen der
beengten Außenflächen wurde das Gebäude
U-förmig direkt an die Grundstücksgrenze gerückt
und die Dachflächen der beiden 1-geschoßigen Bauteile
als erweiterte Außenspielflächen nutzbar gemacht. Der
Bau sitzt an der zur Sensengasse hin abfallenden hier noch
erhaltenen geologischen Terrasse des Alserbachtales und nimmt in
seiner Außenerscheinung die Lochstruktur der angrenzenden
historischen Bebauung des Garnisonsspitals auf. Die Hofseite ist
durch einen gläsern aufgelösten Puffer- und
Aufschließungsbereich zum baumbestandenen Spielhof hin
offen gehalten. Daran angelagert sind paarweise in 2 Trakten die
4 Kindergartengruppen. Jeder Gruppenraum ist hofseitig durch ein
markantes Oberlicht erkennbar. Die Tagesgruppe wurde im
Obergeschoß untergebracht, der Bewegungsraum im hangseitig
belichteten Untergeschoß.
Der Anschlußbereich zum Narrenturm, dessen Sanierung aus
dem Architektenauftrag ausgeklammert ist, und die weiterhin
für jederman sichtbar noch ausständig ist, sollte nach
unseren Vorstellungen, in Anlehnung an historische Vorlagen, als
frei zugänglicher Umgang um den Rundbau wieder hergestellt
werden.
Studentenforum - Großer Hörsaal
Bereits im Gutachterverfahren wurde von Kurrent und Zeininger
die Schaffung eines zentralen Platzes der Campusanlage
vorgeschlagen. Im Bereich Hof 2 sollten die 3 bestehenden kleinen
Hörsäle mit je 100 bis 120 Personen
Fassungsvermögen um einen größeren freistehenden
Hörsaalbau erweitert werden. Die Hofgestaltung war wegen des
erhöhten Personenaufkommens, im Gegensatz zu den
begrünten übrigen Höfen als harter Platz mit
Baumbestand konzipiert. Ein Studentenforum sollte in zentraler
Lage den Gegenpol bzw. die Ergänzung zu den kommerziellen
Einrichtungen und Aktivitäten des Hof 1 bilden.
Bei der Bearbeitung des Vorentwurfs kam es zur
Weiterverfolgung dieser Vorstellungen; seitens der
Universität war ein Hörsaal für 500 Personen
innerhab der Gesamtanlage als wünschenswert erklärt.
Außerhalb der konkreten Beauftragung wurde aus
funktionellen Überlegungen in Abstimmung mit dem
Bundesdenkmalamt die Auswechslung des im östlichen Teil des
Hofes gelegenen kleinen Hörsaalkomplexes gegen einen
über gleicher Grundfläche zu errichtenden Hörsaal
für 500 Personen ausgearbeitet. In einer weiteren
Überarbeitung konnte bei gleicher Grundfläche durch den
Einbau einer Hörergalerie auch ein Fassungsvermögen von
maximal 700 Personen aufgezeigt werden, was einem Audimax einer
Universität entspricht. Die erforderlichen zugeordneten
Foyerzonen und kleinere Hörsäle könnten in
Verbindung mit dem großen Saal als vollwertiges
Veranstaltungszentrum auch für öffentliche Zwecke
herangezogen und vermietet werden. Weiters konnte aufgezeigt
werden, daß nach Ausfall des geplanten Tiefgaragenprojekts
in Hof 1, hier, zentral gelegen, in unmittelbarem Anschluß
an den Veranstaltungsbau eine kostengünstige Tiefgarage als
Unterbau für das Studentenforum herzustellen gewesen
wäre. Seitens des Bezirks, der Messegesellschaft und der
Stadt Wien wurde grundsätzliches Interesse bekundet, doch
kam im Projektverlauf keine Konkretisierung zustande.
Was bleibt, ist die städtebauliche und architektonische
Vision, das Universitätscampus mit seinen annähernd
12.000 Studenten mittel- oder langfristig mit einem angemessenen
Ort der Begegnung auszustatten, der gemeinschaftliche
Einrichtungen des universitären Betriebs aufnimmt und die
Identität der neugeschaffenen Anlage in der
Öffentlichkeit stärkt. Durch das Anlagern von Dekanat,
Hochschülerschaft, kleinen Hörsälen und der
audio-visuellen Zentraleinrichtungen wurde von den Architekten
die Spur in diese Richtung gelegt.
Die aktualisierte "Forumstudie" sieht in diesem Zusammenhang
vor, den großen Hörsaal mit seinen angelagerten
Nebenflächen als erste Etappe im westlichen Teil des Hofes
gegenüber dem nun freigelegten und minimalistisch
instandgesetzten kleinen Hörsaalbau im Osten des Hofs
anzusiedeln. Der Umbau zum Forumsplatz würde im
Anschluß erforderlich sein. Lang-fristig könnte in
einer weiteren Etappe im Austausch gegen den kleinen Hörsaal
ein zum großen Hörsaal korrespondierendes Bauvolumen
als Erweiterungsbau für zentrale didaktische
Spezialnutzungen entstehen. Dieses Universitätsforum im Hof
2 wäre dann ein weiterer Kristallisationspunkt der in die
Stadt wirkenden Großuniversität Wien.
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